Tellavision “Add Land” (bureau b)
Tellavision
“Add Land”
(bureau b)
„You can’t walk on water /
but you can swim in it /
the coast is clear /
add land from here”
So geht Angstbewältigung via Tellavision respektive Fee Kürten – keine falschen Versprechungen, dafür klare Standortbestimmung. Im Track “Matchbox” wird nach Verbündeten gesucht (“looking for someone who matches my fear”), es ist keine Rede davon, Ängste zu verdrängen, ganz im Gegenteil, sie werden gefeiert: Schwimm mal los, wird schon klappen! Angst und Unsicherheit sind die Themen von „Add Land”, aber auch Liebe, die gleich im ersten Stück als revolutionärste Haltung bezeichnet wird, die man sich zurzeit leisten kann.
Fee Ronja Kürten macht seit gut zehn Jahren als Tellavision abstrakte Musik, die an Krautrock und Techno orientiert ist, aber immer eigenständig und eigensinnig ausfällt. Sie arbeitet für ihre perkussiven Elektroentwürfe viel mit Samples und mit Effektgeräten bearbeiteten Synthie-Passagen, die sie bei ihren Auftritten ergebnisoffen live loopt.
Auf der neuen Platte hebt sich ihre Stimme deutlich von den Geräten ab, wird nur noch selten verzerrt und verfremdet, dafür zu Chören getürmt oder lotet ganz buchstäblich Höhen und Tiefen aus. „Add Land“ ist ein großer Schritt innerhalb kreativer Prozesse, zu denen bei Tellavision immer auch das Visuelle gehört. Kürten studierte Malerei bei Jutta Koether und ist Gründerin des Künstlerinnenkollektivs Blooha ( = Bloody Hands) Unlimited. Die neuen Songs, gemeinsam produziert mit Thies Mynther, verknüpfen kühne Experimente mit Pop- und R’n’B-Appeal. Die Single „Salty Man“ zum Beispiel ist groteske Skizze und eingängiger Hit zugleich, erinnert an Künstlerinnen wie Camille oder St. Vincent, die ebenfalls für einen avantgardistischen Ansatz stehen, und doch im breiteren Rahmen „funktionieren“. In Tracks wie “Salty Man“, „Projector Running“ oder dem tech-kritischen „Siri“ breitet sich eine ungreifbar-unbehagliche Stimmung aus, die Beats bringen eine/n zum Schlingern und Stolpern, stellen förmlich Beine, auch in „The Dead Sea“ geht man förmlich unter.
Aber, zurück zum Anfang: immer dran denken, dass du auf Wasser nicht laufen, aber drin schwimmen kannst.