Record of the Week

The Julie Ruin “Hit Reset”

Cover-The-Julie-Ruin-'Hit-Reset'-The Julie Ruin
“Hit Reset”
(Hardly Art)

Wer aus welchen Gründen auch immer – Gina-Lisa-Debatte, Shitstorm auf EM-Berichterstatterin Claudia Neumann, etc., pp – gerade das Gefühl der Vergeblichkeit in punkto feministischer Agitation verspürt, kann sich mit dem neuen Album von The Julie Ruin den nötigen Motivationsschub abholen. Kathleen Hanna, Kathi Wilcox, Sara Landeau, Carmine Covelli und Kenny Mellman sind auf den dreizehn Songs von „Hit Reset“ mit derartiger Verve und Energie zugange, als wäre Riot Grrrl noch ein kleines, zartes Baby. Okay, zwölf Songs lang – das letzte Stück ist eine Ballade, in der man sich ein bisschen ausruhen kann. Doch bis „Calverton“ dreschen The Julie Ruin dem geneigten Publikum alle Ärgernisse, Unverschämtheiten und Ungerechtigkeiten um die Ohren, denen sich Frauen/Queers/Misfits-of-all-Gender auch anno 2016 noch ausgesetzt sehen. In „Mr. So and So“ geht es darum, dass für Festivals fast ausschließlich Jungsbands gebucht werden. Die Quotenfrauenband darf am helllichten Tag auf der „dumpster stage“ spielen, der Bandname ist auf dem Plakat selbstverständlich falsch geschrieben, und der Veranstalter glänzt mit jovialen, schmierigen Sprüchen, „come on it was just a joke“ – interessanterweise genau das Thema, das die Grether-Schwestern hierzulande leidenschaftlich anprangern. Also quasi weltweit derselbe Mist? Ja, schon, aber kein Grund, um aufzugeben, sondern verdammt noch mal erst recht Lärm zu machen: Kathleen Hanna liebt es, laut zu sein, ‚rumzuschreien in ihrem einzigartigen mocking-Style, keine Spur von Müdigkeit oder Resignation. Ihre Krankheit, die sie lange außer Gefecht gesetzt hatte, ist offensichtlich überwunden. Punkrock-Power trifft Elektropop trifft Dance trifft Girlgroup-Singalong – The Julie Ruin ist das höchst vitale Lovechild von Bikini Kill und Le Tigre, was man ja schon beim ersten Album „Run Fast“ gemerkt hat. „Hit Reset“ geht ein paar Schritte weiter, ist inhaltlich persönlicher, direkter: „Rather Not“, „Let Me Go“, „I’m Done“ und der Titelsong verhandeln ganz private issues, „I Decide“ ist Hannas Lieblingsstück, gewidmet allen WeggefährtInnen, die sie immer wieder aufgebaut haben. „Hit Reset“ kommt genau zur richtigen Zeit, weltweit.
Christina Mohr

Einziges Deutschland-Konzert: 27.11.16 Berlin, Columbia Theater

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