Mrs. Pepsteins Talk

“Ich glaube, es ist ein gutes Beerdigungslied” – Bernadette La Hengst im Interview

Bernadette La Hengst hat uns schon in den Neunzigern fasziniert und agitiert. Damals mit ihrer Band Die Braut haut ins Auge – danach schon lange solo. Über ihre ganz neue Platte sprach sie mit der queerfeministischen Radio-Legende Mrs. Pepstein. Wer will kann dieses Gespräch sogar in Gänze nachhören. In jedem Fall viel Spaß. Interview: Mrs. Pepstein, Transkription Sandy Feldbacher.

MRS. PEPSTEIN Herzlich Willkommen in meinem Wohnzimmer, Bernadette La Hengst! Schön, dass du da bist.

BERNADETTE LA HENGST Danke für die Bereitstellung des roten Sofas. Es ist sehr bequem.

Ich würde gern gleich über das namensgebende Titelstück sprechen, über „Wir sind die vielen“. Wie ist der Song entstanden?
Ich bin Teil einer politischen Gruppe. Wir sind Berliner Künstler*innen und vor allen Dingen Theatermachende, nennen uns „Die vielen“ und treffen uns seit ungefähr zwei Jahren regelmäßig in Berlin, um Strategien gegen die alte/neue Rechte zu entwickeln, zu netzwerken, Theater- und Kulturinstitutionen zusammenzubringen, uns für Kunstfreiheit stark zu machen und untereinander zu solidarisieren. Im Mai 2018 waren wir Teil einer größeren Demo gegen die AfD, hatten unseren eigenen Block und haben einen Aufruf gestartet. Daraufhin schlossen sich sehr viele Theater- und Kulturinstitutionen an und auf einmal waren wir 10.000 Leute auf der Straße!
Das Lied hatte ich Anfang letzten Jahres geschrieben, eher aus einem inneren Bedürfnis heraus, das, was gerade alles gesellschaftlich passiert, mal für mich zusammenzufassen. Es war gar nicht als Kampagnensong gedacht. Dann habe ich das Lied einmal live gespielt und war total nervös. Doch danach kam Dana Giesecke von FUTURZWEI, diesem Zukunftsalmanach um Harald Welzer herum, auf mich zu und sagte „das Lied war so toll, ich möchte gern mit dir ein Kampagnen-Video dazu machen“. Und dann haben wir uns diese Demo gegen die AfD im Mai als Kulisse für den Videodreh genommen. Das traf sich natürlich sehr gut, weil dort viele Theaterleute und Freud*innen von mir unterwegs waren. Unzählige gold-silberne Rettungsdecken umfunktioniert zu Fahnen usw. waren unser Markenzeichen. Deshalb waren wir in diesem ganzen Demo-Zug ein sehr glänzender Block. „Glänzen statt ausgrenzen“ war das Motto. Bei dieser und dann auch der großen Unteilbar-Demo mit 240.000 Menschen in Berlin hatte man das Gefühl, dass es irgendein Bedürfnis danach gibt. Mal gucken, ob es sich dann auch im Wahlverhalten widerspiegelt.

So eine Mobilisierung von vielen Leuten kann sicher etwas bewirken, aber ob so eine Demo die Leute davon abhält, AfD zu wählen, das wird man in Sachsen in diesem Jahr merken. Du hast im letzten Jahr auch ein Projekt in Dresden gemacht. In dem Zusammenhang ist ein weiterer Song entstanden – erzähl doch mal etwas über das Projekt.
Ich bin Teil des Montagscafés. Das ist in der Bürgerbühne des Staatsschauspiels Dresden. Meine Freundin Wanja Saatkamp, die jahrelang meine Schlagzeugerin war, macht dort die künstlerische Leitung. Das ist ein Treffpunkt für Geflüchtete sowie Neu- und Altdresdner*innen. Jeden Montag lädt sie eine/n Künstler*in ein, der oder die entweder Workshops für die Besucher*innen gibt, ein Konzert spielt, eine Lesung oder sonstiges gibt. Ein halbes Jahr lang war u.a. ich regelmäßig eingeladen, um Lieder mit den Besucher*innen des Montagscafés zu schreiben. Und eins dieser Lieder ist auf dem Album gelandet. Es heißt „Wir tauschen uns aus“. Wir haben dazu auch ein Video gemacht, das wir u.a. auf einer Montagsdemo gedreht haben. Die finden da ja immer noch jede Woche organisiert von PEGIDA, wie sie sich immer noch nennen, statt. Und bei der Gegendemo sind wir gemeinsam mit der fantastischen Brass-Band „Banda Internationale“ mitgelaufen und haben mit dem Chor gesunden. Ich fand es gut mal mit Musik zu demonstrieren, weil sich so mal nicht die zwei Seiten über einen Zaun einfach nur anbrüllten. Alle konnten mitspielen oder irgendwelche Parolen singen. Wir hatten auch teilweise das Gefühl, dass die auf der anderen Seite dachten, bei und sei bessere Stimmung. Vielleicht kann Musik ja doch etwas bewegen.

Was hast du für ein Gefühl für die Wahl in Sachsen dieses Jahr?
Leider kein so gutes. Ich wohne nicht da, ich bin nur ab und zu dort, aber die Stimmung ist extrem schlecht. Deswegen ist das so wichtig, dass es etwas wie das Montagscafé gibt. Was mir Wanja immer erzählt ist, dass die Leute, die links sind und anders denken, extrem gut vernetzt sind, deswegen herrscht in der Dresdener Neustadt schon ein internationales Wohlfühlgefühl, aber im Rest der Stadt sieht das leider anders aus.

Zwei Lieder auf der Platte befassen sich mit Umwelt und sind im Zusammenhang mit Weltklimapolitikprojekten entstanden sind. Ich mag „I need Air“ total gern und  finde, dass ist einer der Hits der Platte. Das macht natürlich auch dieser Kinderchor. Magst du etwas zu den beiden Stücken erzählen?
Freut mich, dass es dir das gefällt. Das sind eindeutige Kampagnensongs. „I am an Island“ ist als Eröffnung der Klimakonferenz in Bonn 2017 entstanden. Da habe ich es mit 300 Kindern und Jugendlichen zur Eröffnung gesungen. Es ist aber auch ein Liebeslied, so wie viele meiner Lieder sich immer dazwischen befinden. Bei „I need Air“ ist es ähnlich. Das habe ich für die Weltklimakonferenz in Katowice geschrieben und da ist natürlich Kohle das Riesenthema, ebenso wie die dadurch verursachte Luftverschmutzung. Davon handelt das Lied. In Katowice gibt es Oxygen-Bars, wo Leute hingehen, um sich mal zwischendurch mit guter Luft zu versorgen. Und viele Jugendliche, auch Erwachsene, die Asthma haben, können nicht ohne Atemmaske auf die Straße gehen. Auch unter den Chorkindern gab es einige, die immer mit einer Atemmaske zur Probe kamen. Da war ich sehr überrascht. Doch alle am Projekt beteiligten waren sehr gut informiert über das Thema und engagiert. Das ist ja eh immer die Hoffnung, wenn man solche Projekte macht, dass man bei Kindern und Jugendlichen etwas anstößt und sie daran glauben, dass sie etwas verändern können.

Wie hat sich dein Verhältnis zur Umwelt in den Jahren geändert? Machst du heute Dinge anders?
Auf jeden Fall! Mein Freund ist ja Klima-Aktivist, hat jahrelang im Klimasekretariat der UN gearbeitet und wir diskutieren natürlich viel darüber. Ich bin seit fünf Jahren Vegetarierin, fliege möglichst wenig, fahre Fahrrad – das, was man im Kleinen so tun kann. Mir ist aber vor allen Dingen wichtig, mich als Musikerin da nicht rauszuhalten. Noch viel zu wenig Künstler*innen sehen sich als Botschafter*innen des Klimawandels. Das ist anscheinend immer noch uncool. Das zeugt so von Gutmenschentum. Es ist scheinbar cooler, gegen Nazis auf die Straße zu gehen, als Klimaaktivist*in zu sein. Aber wenn wir den Klimawandel jetzt nicht stoppen, haben wir in 20 Jahren ein grundsätzliches Problem. Und das alles hängt ja auch zusammen – Klima, Migration, Armut und Reichtum.

Du warst sehr viel unterwegs in den letzten Jahren und hast das zum Teil mit Projekten verbunden. Zum Beispiel bist du von Madrid nach Casablanca gereist und hast dabei Lieder eingesammelt in einem Bus, oder?
Genau, Ich hatte 2016 das große Glück, mit zehn internationalen Künstler*innen zu einer künstlerischen Expedition zwischen Madrid nach Casablanca eingeladen zu sein. Man war eine Woche in Madrid, eine unterwegs und zehn Tage in Casablanca. Jede*r hatte sein/ihr eigenes Projekt und ich habe Liebeslieder zwischen Orient und Okzident in einem Bus gesammelt, mit dem ich so hippiemäßig unterwegs war. Die Songs habe ich zusammen mit Leuten aus Jamsessions heraus geschrieben. Ich musste mich dann für zwei, drei Songs für die Platte entscheiden. Das waren dann die, die in Casablanca mit drei ganz tollen Musikern entstanden sind. Ich habe sie gefragt, was sie mit der Stadt Casablanca verbindet, was da aber auch an Sehnsucht, Wut oder Enttäuschung vorhanden ist. Als Abschluss gab ich ein Konzert vom Balkon meines Hotels, das habe ich in einem Lied auch beschrieben.

„Wherever I am going“ ist ja auch ein tolles Liebeslied, was aber letztendlich auch ein Unterwegssein-Moment drin hat.
Das war mein Reisesong, den hatte ich mir vorher zur Hälfte überlegt und während der Expedition zu Ende geschrieben. Es ist ein sehnsüchtiges Liebeslied – vielmehr kann man dazu nicht sagen. Aber die Umsetzung ist doch sehr schön geworden. Die libanesische Oud-Spielerin Youmna Saba, die ich auf der Reise kennengelernt habe, spielt da mit.

„Gheada Inchallah“ ist ein Lied, das in Casablanca spielt und da beschreibst du, wie du im Hotel stehst und unten hören dir die Männer zu und dass dir empfohlen wurde, nicht raus zu gehen. Beschreib mal die Situation, wie das da für dich war in Casablanca.
Es war schon ein kleiner Kulturschock. Obwohl mir vorher gesagt wurde, Casablanca wäre weltoffen und international, aber genau in dem Viertel, wo das Hotel war, habe ich das nicht so empfunden. Es war extrem arm und man hatte schon ein paar Bedenken, abends allein durch die Gegend zu gehen. In den Cafés saßen nie Frauen. Nach einer Woche hatte ich mich aber daran gewöhnt. Ganz anders war es dagegen in dem Kulturzentrum, das unser Arbeitstreffpunkt war. Dort traf ich viele weltoffene Frauen und Männer. Die drei Künstler, mit denen ich die Lieder aufgenommen habe, waren total moderne junge Männer. Vor einem anderen Musik-Zentrum habe ich meinen Bus aufgestellt und es kamen dann jeden Tag Musiker, um mit mir zu jammen. Ich hätte den Bus gern in der Innenstadt aufgestellt, aber das war nicht erlaubt. Marokko ist ein Polizeistaat und sehr rigide. Man hat nicht sehr viel Freiraum. Vor allen Dingen als Künstler*in.

Deine Eltern sind ja als junges Paar nach Beirut gegangen. Dazu hast du auch einen Song geschrieben „Où êtes-vous à Beirut?“. Was weißt du über diese Zeit von deinen Eltern selbst? Warum sind die dorthin gegangen?
Ich glaube, sie haben es gemacht, weil sie es konnten und weil sie anstatt sich in Deutschland ein Haus zu bauen und eine Familie zu gründen, lieber nochmal reisen wollten. Das war das Bedürfnis meines Vaters. Meiner Mutter – das hat mich ja noch viel mehr interessiert – hat eine doppelte Fluchtgeschichte, womit ich mich auch beschäftigt und ein anderes Lied dazu geschrieben habe. Einmal ist sie als Fünf- oder Sechsjährige aus Schlesien nach Ostdeutschland geflüchtet. Und dann nochmal als Jugendliche mit 14 oder 15 Jahren nach Westdeutschland. Und dann war meine Mutter irgendwann angekommen in Westberlin und später in Münster und hatte kein richtiges zu Hause. Zweimal komplett alles neu finden, neue Freunde, eine neue Identität. Warum geht man dann mit Anfang 20 in den Libanon? Das ist durchaus eine sehr spannende Frage. Sie hat mir das nicht erklärt, ich konnte das, als sie noch lebte, nicht verstehen. Für uns Kinder war das eher selbstverständlich – das macht man, wenn man jung ist. Arabische Länder waren dadurch für uns nicht wirklich fremd. Ich hatte immer einen Bezug dazu. Bei uns gab es viele arabische Teppiche und Möbelstücke und mein Vater hat sich immer sehr für die Politik im Nahen Osten interessiert. Dadurch war er weltoffener als so mancher andere in unserer Kleinstadt Bad Salzuflen. Er mochte die orientalische Mentalität, konnte auch mit den türkischen Leuten in Bad Salzuflen viel anfangen. Das hat mich geprägt.

Was gab für dich den Anstoß, dich damit zu befassen? Muss man dafür einen gewissen Teil des Lebens schon hinter sich haben, dass man die Fragen nach den Eltern stellt?
Ja, das hat auf jeden Fall etwas mit dem Alter zu tun, aber ganz konkret kam ich darauf, als diese große Migrationswelle 2015 nach Deutschland kam. In dieser Zeit gab es ein Projekt in Freiburg, das hieß „Mehrheitsgesellschaft“ mit jungen Geflüchteten und Seniorinnen und Senioren. Diese beiden Gruppen haben wir zusammen auf die Bühne gebracht. Die waren untereinander erst sehr skeptisch. Doch dann haben sie sich so dermaßen ineinander verliebt! Es war herrlich, das zu sehen. Im Rahmen des Projekts wurden die Fluchtgeschichten der Senior*innen aufgearbeitet und diese zum Beispiel der einer jungen Frau aus Syrien gegenübergestellt, die mit 20 Jahren allein zu Fuß nach Deutschland gekommen ist. Das hat mich unheimlich berührt, wie diese Geschichten zusammen kommen und damit natürlich auch die Frage, warum die Deutschen ihre eigene Flucht- und Kriegsgeschichte vergessen haben? Darüber habe ich angefangen, mich nochmal mit der Geschichte meiner Mutter zu beschäftigen.

Was denkst du, was von deinen Eltern in dir und vielleicht sogar deiner Musik drin ist?
Ich glaube, ich wäre nicht so auf der Suche, wenn meine Eltern in den 60ern nicht auch so auf der Suche gewesen wären. Sie haben sich dann als Paar gefunden, eine Familie gegründet und sich in dieser Kleinstadt Bad Salzuflen niedergelassen, aber ein Teil ihrer Sehnsucht und Rastlosigkeit, auch Heimatlosigkeit steckt in mir. Da ist Abenteuerlust dabei, aber auch Melancholie und Verlustangst. Und ich glaube, diese Sehnsucht versuche ich auch in meinen Liedern zu vermitteln.

Ich möchte noch gern mit dir über ein Lied sprechen, in dem es auch um Sehnsucht geht und das ich besonders schön finde – „Das Verstummen“. Der Text ist von Volker März. Er spielt so schön mit dem Punk, dass man eigentlich ganz viele Worte braucht, um zu sagen, dass man keine Worte braucht. Es geht darum, die Worte einfach mal Worte sein uns lassen und ohne sie gemeinsam zu sein.
Ich kann mich mit dem Text gut identifizieren. Ich rede ja auch ganz gern und Volker März ist auch ein unglaublich guter Schnacker. Ich glaube, er meint auch die vielen Missverständnisse, durch die Sprache Mauern bauen kann. Davon hat er manchmal die Nase voll und spricht sich für Körperlichkeit anstelle von Worten aus: „Bis unsere Fingerspitzen schwitzen“  ist ein sehr schönes Bild und zum Ende auch „bis unsere Zungenspitzen schwitzen“. Meine Tochter fand das Lied zuerst ein bisschen eklig, aber ich finde es ganz schön ausgedrückt.

Sehr berührt hat mich auch der Song „Scheitern“. Darin geht es um den Tod und dass wir letztendlich keine Chance gegen ihn haben. Dass man auf der anderen Seite im Leben Dinge meistern muss und dass das Scheitern dazugehört. „Scheitern als Chance“ hat Christoph Schlingensief mal gesagt.
Das Lied ist auch für ein Theaterprojekt in einem Altersheim entstanden. Es hieß „Die letzten Wohnungen“. Da durfte das Publikum in Wohnungen von sehr alten, betagten Menschen einer Performance zuschauen. Es ging um die Frage, wie lange wollen wir leben, ist es nicht vielleicht gut, dass das Leben irgendwann aufhört, gibt es nicht auch das Recht auf den Tod, ist das nicht auch etwas Positives, das Scheitern bzw. sterben dürfen? Und dann aber auch sterben zu dürfen, nachdem man vorher wirklich lebendig gelebt hat. Das ist eine Herausforderung an das Leben. Um das in etwa geht es.

Dieses optimistische Potential des Liedes erkennt man durchaus – wenn man das Leben gut gemeistert hat, dann kann man auch gut abtreten – sag ich jetzt mal ein bisschen salopp. Trotzdem steckt da auch ein „Ey Tod, du blöde Bitch!“ mit drin. Achim Bergmann ist ja letztes Jahr gestorben, ich weiß nicht, ob das im Unterton noch mit da drin ist, aber mit Verlust beschäftigen sich ja vor alle die, die quasi dabei zugucken müssen oder übrig bleiben.
Der Tod spielt immer wieder eine Rolle in allen Leben, in meinem natürlich auch. Ich ärgere mich am meisten, wenn jemand stirbt, den ich lange nicht gesehen haben, oder mit dem ich Dinge nicht geklärt habe. Es gab in meinen letzten zwei Jahren zwei Männer, die gestorben sind, einfach so weg waren. Mit beiden hätte ich mich gern nochmal zusammengesetzt und mit ihnen gesprochen. Frank Dostal war in den 90er Jahren sehr wichtig für mich. Mit ihm wollte ich mich die ganze Zeit treffen und plötzlich war er weg. Viel zu früh. wie auch Achim Bergmann von Trikont. Das ist auch ein herber Verlust. Und dann wiederum – ich war auf beiden Beerdigungen und hatte das Gefühl, diese Leben werden so wertgeschätzt von denen die dableiben, da war so ein Respekt und so eine Freude am Lebenswerk, das war dann doch wieder etwas Positives. Insofern hat es halt immer beides – verpasste Chancen wie auch einen guten Abschluss zu finden für jemanden, der einen Unterschied gemacht hat in der Welt.

Könntest du dir vorstellen, dass jemand dieses Lied auf seiner Beerdigung spielen lässt?
Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Es ist ein Lied, das Trost gibt, ohne oberflächlich zu sein. Ich glaube, es ist ein gutes Beerdigungslied.

Es hat auch ein schönes Bläserelement drin, was ja auch zu Beerdigungen ganz gut passt, finde ich. Da schlagen wir jetzt den Bogen, weil die Posaunistin und die Saxophonistin, die das spielen, mit denen spielst du ja gerade zusammen in dem Lazarus-Musical in Hamburg.
Genau, in dem David-Bowie-Musical. Wie sind Teil eine achtköpfige Band und Sonja Beeh und Samatha Wright sind unglaublich tolle Jazz-Musikerinnen, die ich dann noch schnell für das Lied aufgenommen habe. Und irgendwie passt es thematisch natürlich auch zu Lazarus, weil das ja der Abgesang eines Sterbenden oder die Halluzinationen, Tagträume eines vom Tode gezeichneten David Bowie sind, der das Musical noch kurz vor seinem Tod fertiggestellt hat. Er wollte sich, glaube ich, damit eine Art Zeichen setzen, um über den Tod hinaus weiter zu leben.

Wie lange spielst du das Stück noch und wie gefällt dir es?
Wir sagen immer, wir spielen es die nächsten 18 Jahre statt „König der Löwen“ in Hamburg.  Der Hauptdarsteller Alexander Scheer macht das extrem gut. Es hat keinen Musicalverdacht, er singt einfach wie er singt und hat gleichzeitig eine extreme Ähnlichkeit mit David Bowies Stimmklang. Es ist ein Indie-Musical am Schauspielhaus Hamburg und Falk Richter ein Regisseur, der es schafft, tolle Bilder zu produzieren und viele politische, historische und popkulturelle Verweise zu verknüpfen. Das ist ein ganz schön gewaltiger Abend geworden und ich glaube, wir spielen es noch ein paar Jahre.

Zum Schluss möchte ich noch gern von dir wissen, was du dir für dich, dein Album und dieses Jahr wünschst. Du gehst ja jetzt natürlich auch auf Tour.
Viel Publikum wünsche ich mir. Ich wünsche mir, dass ich die Lieder überhaupt spielen kann, so wie sie sind, weil auf dem Album sind ja sehr viele Gäste dabei und am liebsten würde ich mit einer achtköpfigen Band auf Tour gehen. Das klappt natürlich wieder nicht, weil es zu viel kostet. Aber ich werde mit Claudia Wiedemer, die sonst immer bei mir Background singt, auf Tour gehen. Sie spielt diesmal auch Cello, auch rockig und experimentell. Und Sonja und Samatha, die beiden Bläserinnen, werden auch bei ein paar Konzerten mitspielen. Darauf freue ich mich sehr und hoffe, dass noch mehr Leute kommen als bei meiner letzten Tour, dass es überhaupt noch jemand mitbekommen. Ich bin mir unsicher, ob die Leute überhaupt noch auf Konzerte gehen. Ich selbst mach das nur noch selten, ich gehe mittlerweile eher ins Theater.

Warum denkst du, dass die das nicht mehr machen?
Weil das Publikum ja mit mir älter wird und „Wir sind die vielen“ keine Pop-Platte ist, mit der ich die 20Jährigen in meine Konzerte locken kann, aber wer weiß, vielleicht interessiert es die jungen Leute ja doch.

Interview: Mrs. Pepstein
Transkription: Sandy Feldbacher

Bernadette La Hengst (links) mit Mrs. Pepstein

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