Interview mit der Grundschullehrerin Helene Bohr über die Auswirkungen von Covid-19

Parallelwelt Schule

Schuleingang in Corona Zeiten (Photo: Helene Bohr)


Die Berliner Grundschullehrerin Helene Bohr über die Auswirkungen von Covid-19 im Gespräch mit Thomas Venker

Du unterrichtest Kulturelles und Religiöses Lernen an einer Grundschule in Berlin. Was genau hat man sich unter den Fächern vorzustellen?
Die Schüler:innen an der Grundschule erhalten jeweils sechs Projekttage im Schuljahr, an denen die beiden Fächer durchgeführt werden, drei x mal, also immer im „Doppelpack“. Am ersten Tag (Kulturelles Lernen) führe ich mit den Klassenlehrer:innen einen Projekttag zu einem (inter)kulturellen Thema durch. Die Themen sind dabei ganz unterschiedlich, vor Weihnachten hatten wir beispielsweise mit den 3. und 4. Klassen eine Einheit zu „Weihnachtstraditionen woanders“. Wir nehmen generell in den 5. und 6. Klassen (die in Berlin noch zu den Grundschulen gehören, Anmerkung des Verfassers) die Weltreligionen durch, inklusive Besuch religiöser Stätten, bei den Kleinen in der 1./2. Klasse geht es in Richtung soziales Lernen: „wir als Klasse“.
Am zweiten Tag werden die Themen im Fach „Religiöses Lernen“ wieder aufgegriffen. Hierbei handelt es sich um eine Kooperation der evangelischen und katholischen Kirche. Wir nennen es bewusst nicht „Religionsunterricht“, sondern „Religiöses Lernen“, weil es nicht konfessionell angelegt ist und alle Kinder teilnehmen können. In Berlin müssen die Kinder von ihren Eltern angemeldet werden. Unser Modell führt zu verhältnismäßig großen Gruppen.

Von den Namen kommend stelle ich mir beide Fächer als sehr passend in Corona-Zeiten vor, da es zu tagesaktuellen Bezügen zwischen dem neuen Alltag der Kinder und den Lehrinhalten kommt. Ich denke dabei an kulturelle Themenstränge wie Freiheit des Einzelnen versus Werte, Normen und Regeln von Gesellschaften, Interkulturelle Austauschprozess und die Rolle von Glaubensgemeinschaften in einer solchen Extremsituation für die Gesellschaft. Überlade ich hier die Kinder deiner Altersklassen oder ist es möglich, mit ihnen anhand von Beispielen über solche Themen zu sprechen?
Ich würde sagen, es kommt immer wieder vereinzelt zur Sprache. In dieser Altersklasse, vor allem die 1. bis 4.Klassen ist es natürlich entwicklungsbedingt noch eher so, dass die Kinder die aktuelle Situation erstmal hinnehmen, weniger hinterfragen. Da ist es wichtig, dass die Struktur stimmt und beibehalten wird. Das ist ja Teil jedes Erziehungsauftrags. Ab der 5. Klasse wird dann natürlich diskutiert. Das ist dann schon sehr interessant und ich bin oft beeindruckt, was die Schüler:innen für Gedanken äußern. Die Thematisierung der Weltreligionen und ihrer Ewigkeitsversprechen, zum Beispiel ganz konkret die Frage nach der Wiedergeburt im Hinduismus, bietet da jede Menge Gesprächsgrundlage.

Mal von deiner eigenen Lehrpraxis abstrahiert, denkst du, dass bei aller Diskussion über die negativen Folgen von Corona für die Schüler:innen solche Themenstränge nicht auch – zumindest in den höheren Klassen – ein großes Potential für Horizonterweiterungen mit sich bringen?
Auf jeden Fall! Das erlebe ich auch im Gespräch mit älteren Schüler:innen, dann eher im privaten Umfeld. Wie sie sich auf unterschiedliche Weise dieser Situation stellen, auch die politischen Abläufe hinterfragen, aber überhaupt auch erstmal einen Einblick bekommen. 
Ich habe mit meinem 17jährigen Neffen (fast) jede Pressekonferenz nach der Ministerpräsident:innen-Konferenz live gefacetimed. Als Bayer ist er großer Söder-Fan. Alleine so etwas, finde ich, birgt schon viel Potenzial für die jungen Demokrat:innen. Ich habe so etwas zumindest mit 17 nicht verfolgt. Und darüber hinaus sind es natürlich Überlegungen, wie so eine Gesellschaft wie die unsere funktionieren kann: ethische Diskussionen, Solidarität. Wie fragil das sein kann. Auch, wie andere Gesellschaften damit umgehen, innerhalb und außerhalb Europas. Das kann auf lange Sicht schon Potential haben. Aber erstmal wollen die Jugendlichen natürlich wieder ausgehen, ihr Abi feiern, ihren 18. Geburtstag und so.

 

Arbeitsalltag in der Schule: 14 Begegnungen mit niedrigem Risiko (Photo: Helene Bohr)

Ein paar Schritte zurück: Wie empfindest du persönlich denn die Handhabung der Schulthematik durch die Politik in den Monaten seit dem Ankommen von Corona in unserem Alltag?
Als schwierig. Es war ja von Anfang ein Hin und Her der Informationen und Entscheidungen. Schulen sind Infektionstreiber – ja nein, hier eine Studie, da eine Studie. Das kann man wahrscheinlich auch keinem zum Vorwurf machen. Ich hab mich immer auf Christian Drosten verlassen. Als es dann nach beziehungsweise schon während der ersten Schulschließung in der öffentlichen Debatte plötzlich immer um die Schüler:innen ging, die jetzt abgehängt werden, fand ich das schon beachtlich. Es ist ja richtig, dass das ein Thema ist, aber es ist kein Corona-bedingtes Problem. Mich hat das genervt, weil diese Schüler:innen sonst auch keine politische Lobby haben – und ich fürchte, dass sie leider auch keine haben werden, wenn Corona erst Mal vorbei ist.

Es wird ja viel kritisiert, dass die Sommermonate nach der ersten Welle verschlafen wurden, um adäquate Ableitungen für den Herbst und die neuerlichen Lockdowns zu ziehen. Teilst du diese Ansicht?
Zum Teil. Ich habe das an meiner Schule anders erlebt. Da haben die Kolleg:innen auch sehr eigeninitiativ viel organisiert, das war gleich nach den Sommerferien immer Thema. Da lagen dann zum Beispiel in einigen Klassen Umschläge mit Aufgabenblättern und einem Brief für die Schüler:innen bereit, falls es wieder so kurzfristig zu Schulschließungen kommen sollte. Es wurde abgefragt, ob es zuhause Wlan gibt, welche Geräte den Kindern dort zur Verfügung stehen, die Schule hat Email-Adressen eingerichtet, Lern Apps geübt und so weiter.
Auf politischer Ebene passierte – soweit ich das beurteilen kann – tatsächlich nicht sehr viel. Der Senat hat immerhin an einzelne Schulen Ipads verteilt, allerdings ziemlich wenige, und sich ansonsten sehr auf das Thema Lüften konzentriert, das hat dann aber ja offensichtlich nicht viel gebracht.

Was hätte man anders machen sollen?
Ich finde generell, dass Schulen für sich vielmehr Entscheidungen treffen können sollen, da werde ich aber später nochmal drauf zurück kommen.
Als es im Sommer die Phase des Wechselunterrichts gab, waren alle total entspannt. Die Kinder haben natürlich auch den Rest der Klasse vermisst, aber sie fanden es auch toll. Es gab viel weniger Stress und Konflikte und die Lehrkräfte waren begeistert. Ich habe deshalb nicht verstanden, warum diese Möglichkeit nach den Sommerferien komplett vom Tisch war.

Aktuell hört man wieder von vielen Eltern im Bekanntenkreis, wie unendlich überfordert sie sich fühlen mit der Mehrfachbelastung aus den eigenen Arbeitsalltag auf Linie zu halten und zugleich die Kinder zu unterrichten. Wie schätzt du das mit Blick auf deine Fächer aber auch die anderen Fächer, die deine Kolleg:innen unterrichten, ein? Ist das Jammern angemessen?
Ich will niemandem absprechen zu jammern. Alle leiden ja irgendwie unter Corona. Ich bin mit meinen Fächern in der privilegierten Situation, dass sie nicht benotet werden. Das digitale Angebot derzeit hat einen freiwilligen Charakter. Ansonsten ist es schwierig, das so pauschal zu betrachten. 
Eltern, die ein Kind in der 7. Klasse haben, können sicher mehr Druck rausnehmen, als Eltern mit einer Erstklässlerin, die bei allem viel mehr Unterstützung braucht. 
An meiner Schule haben die Kolleg:innen Wochenpläne erstellt, die von den Kindern ausgefüllt werden. Eine Stunde täglich sollten die Schüler:innen beispielsweise in die Hauptfächer investieren, die jeweiligen Aufgaben bekommen sie dann von dem oder der Klassenlehrer:in. Anhand dieser Pläne stehen die Lehrpersonen mit ihnen im Austausch über den Stoff und geben den Kindern regelmäßig Feedback.
Viele Eltern an der Schule können ihre Kinder zuhause gar nicht unterrichten, weil sie damit sprachlich, inhaltlich oder strukturell überfordert sind. Da stellt sich die Frage dann gar nicht. Da stellen sich ganz andere Fragen.

“Dumme Schule” (Photo: Helene Bohr)

Wie geht es denn den Kindern dabei? Du selbst unterrichtest deine beiden Fächer aktuell ja nicht digital, du bekommst aber sicherlich trotzdem von Kolleg:innen einiges mit: funktioniert das digitale Unterrichten? Oder anders gefragt: Was geht? Was geht nicht?
Das kann ich so pauschal auch schwierig beantworten. Viele Kinder kommen klar, viele nicht. Bei mir an der Schule haben in jeder Klasse Kinder gar keinen Internetanschluss zuhause. Da geht dann schon mal vieles nicht. Bei dem Thema muss ich wieder das Engagement vieler meiner Kolleg:innen hervorheben, die bleiben an allen Schüler:innen irgendwie dran. Zweimal die Woche müssen die Kinder Kontakt zu einer Lehrperson gehabt haben – digital oder telefonisch. Ich habe eine Kollegin, die bei den Familien, wo das schwierig ist, vorbeifährt – regelmäßig, einfach nur, um an der Haustür mit dem Kind zu sprechen. Das ist dann natürlich kein „digitales Unterrichten“, aber es ist so wichtig. Natürlich entstehen bei den Schüler:innen, die zuhause schwierige Lernbedingungen haben, Lücken. Das lässt sich nicht bestreiten. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es diese Probleme auch im Präsenzunterricht gibt und zwar massiv.

Auf die Idee zum Interview bin ich gekommen wegen eines Posts von dir, wo du dich dafür ausgesprochen hast, dass das Schuljahr nicht zählen soll, um so den Stress auf die Kinder zu reduzieren. Was aber nicht heißen soll, dass der Unterricht damit sozusagen ausgefadet würde, sondern eben nur von der Last der Benotung befreit, richtig?
Genau, richtig. Vor allem, dass alle versetzt werden.

Zudem regst du an, dass man gezielt Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen zu Präsenzunterrichtsblöcken auswählt, um so für a) Stressreduzierung Zuhause zu sorgen, b) die Kinder sozial integriert zu halten und c) oft auch mangelnde Ernährung Zuhause aufzufangen. Das klingt alles super – aber wie soll so etwas logistisch geregelt werden? Man kann ja schlecht bei den Familien anrufen und so mit der Liste der Negativzuschreibungen konfrontieren.
Klar, sowas lässt sich schnell mal posten, ich habe da natürlich auch kein Konzept. An dem Punkt wäre ich wieder bei der Eigenverantwortung der Schulen. Es könnte einfach verschiedene Modelle geben, die ausprobiert würden. Die Kinder könnten ja auch einfach mal gefragt werden, sowas zum Beispiel. Ich bin mir sicher, dass ganz viele Schulen, Schulleitungen und Lehrer:innen da tolle Ideen zur Umsetzung hätten. In Stadtteilen mit besonderem Förderungsbedarf sind zudem oft schon soziale Unterstützungsnetzwerke vorhanden. Die könnten in Zeiten wie diesen auch flexibler eingesetzt werden, es hätte sich da nur drauf eingestellt werden müssen beziehungsweise dürfen.

Es wird ja aktuell diskutiert, den Lockdown an den Schulen auf Mitte Februar zu beenden. Bist du dafür?
Es hätte sicher viele Vorteile, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das gut geht.

“Das mit den Masken hat in Berlin nicht so toll funktioniert.” (Photo: Helene Bohr)

Wie hast du persönlich denn das Unterrichten trotz Corona in den letzten Monaten empfunden? Das ist ja nicht nur eine Frage des Präsenzunterrichts selbst, sondern auch des Pendelns an die Schule, der Lehrerkonferenzen und der Sprechstunden. Hattest du generell Angst? Und gab es Momente, wo du lieber den Unterricht abgebrochen hättest, da du dich unwohl für die Kinder und dich damit gefühlt hast?
Der Schulweg hat mich eigentlich am meisten belastet. Ich fahre über eine Stunde U7 und Bus. Das mit den Masken hat in Berlin nicht so toll funktioniert. Außerdem waren die Busse um 7:40 natürlich wie immer völlig überfüllt. Ich hatte immer, wenn ich ausgestiegen bin, so ein „puh, nochmal geschafft“-Gefühl. Auch ein bisschen absurd, sich privat mit niemanden mehr zu treffen, und dann in so einem Vierersitz mit Fremden zu sitzen. In der Schule angekommen, war ich aber oft so in der Blase, dass ich gar nicht so viel drüber nachgedacht habe. Das war dann schon eine Art Parallelwelt-Gefühl. In der Schule sitzt Du den ganzen Tag mit 22 Kindern und zwei Erwachsenen – 24 Haushalten also – auf engem Raum und beim Arzt sollst Du draußen warten, weil im Wartezimmer schon zwei Personen sitzen. Überall begrüßt man sich nur noch mit dem Ellenbogen, aber was soll ich machen, wenn zwei Sechsjährige freudestrahlend auf mich zugelaufen kommen, um mich zu umarmen? Die Kinder brauchen diese Nähe und Zuwendung, manche mehr, machen weniger. Aber wohl gefühlt habe ich mich damit natürlich auch nicht.

Und auch hier wieder die Frage aus Sicht der Kinder. Wie geht es ihnen damit?
Ich bewundere die Kinder dafür, wie schnell sie sich an die Regeln gehalten haben und dieses irgendwie als Normalität akzeptieren konnten. Dass sie darunter leiden, ist aber auch klar. An Weihnachten habe ich mit den 3. und 4. Klassen eine Art „Wunschbaum“-Übung gemacht. Die Kinder konnten einen Wunsch aufschreiben und an den Strauch hängen und wenn sie wollen, den Wunsch dabei laut sagen. Einzige Voraussetzung war, es sollte etwas sein, was man nicht kaufen kann. Da kam richtig oft der Wunsch, Corona solle vorbei sein.

Die Art und Weise, wie man Covid-19 wahrnimmt und was es mit einem macht, unterscheidet sich drastisch. Merkt man das den Kindern bereits an? Hast du das Gefühl, dass da eigene Sichtweisen ausgeprägt werden, oder spielen da die Eltern als (Kausal)Einfluss eine bedeutende Rolle, in dem Sinne, dass die Kinder repräsentieren, was sie Zuhause hören?
Klar, es gab an meiner Schule auch Maskenverweigerer. Wenn ein Achtjähriger dir erklärt, wieso die sinnlos sind, wird er das nicht selbst recherchiert haben. Da tun dann die Eltern dem Kind keinen Gefallen, weil es natürlich anstößt – und „raus“ ist. Ich habe auch viele Verschwörungsansätze gehört. Da wird dann Gehörtes vermengt mit Youtube Videos. Das ist natürlich im schulisch angeleiteten Lernen zu Hause („SalzH“ – wie es ja jetzt heißt) auch nicht so leicht aufzufangen, beziehungsweise verfestigt sich sowas mit der Zeit.

Leerer Spielplatz ohne Kinder (Photo: Helene Bohr)

Wir lesen ja viel davon, dass wir aus den aktuellen Erfahrungen lernen. Ein schöner Gedanke. Hast du das Gefühl, dass die dringend notwendige Digitalisierung der Schulen – nicht nur der Grundschule in deinem Fall, sondern auch der weiterführenden Schulen – wirklich vorangetrieben wird und wir da nach Corona schnell einen neuen Standard erreichen werden.
Nein. Da kommt zumindest Berlin so schnell nicht hinterher. Neulich meinte eine Kollegin, die Smartboards seien ja schön und gut, aber wenn die nur mit Internet funktionieren, was ständig ausfällt, hätte sie lieber ihre alte Tafel behalten. Die Schulgebäude müssten halt auch mal renoviert werden. Aber das ist ein anderes Thema.

Auch wenn ich gerade die Worte „dringend notwendige“ benutzt habe, so möchte ich die Frage doch noch leicht abgeschwächt umdrehen: Inwieweit ist die Digitalisierung denn überhaupt sinnvoll? Diese Frage zielt natürlich auf eine Welt ohne Pandemie hin.
Unbedingt. Ich denke schon, dass das immer wichtiger werden wird. Und für die jungen Leute gehört es dazu. Da muss Schule sich drauf einstellen.

Hast du als Lehrerin denn das Gefühl, dass die Schulen und die Bildungsministerien sich angemessen um deine Kolleg:innen und dich kümmern? Ihr seid ja einem heftigen Druck ausgelastet und ich kann mir vorstellen, dass viele Lehrer:innen damit aktuell massiv überlastet sind.
Ich finde, den Umgang mit Lehrer:innen problematisch und frage mich, ob mit anderen Berufsgruppen auch so umgegangen würde. Als es im Sommer erste Corona Fälle an Schulen gab, hieß es seitens der Bildungssenatorin, Lehrkräfte hätten sich halt nicht an die Regeln gehalten. Klar, einzige Erklärung: Die Lehrer:innen sind schuld!
Alleine schon diese wahnsinnig kurzfristigen Entscheidungen. Beispiel: Bei der MP-Konferenz im November wurde im Vorfeld „gemunkelt“, die Weihnachtsferien würden vorgezogen um zwei Tage, auf Mittwoch. Entschieden wurde dann, die Weihnachtsferien starten wie geplant am Freitag. Eine Woche vor Ferienbeginn, Sonntagabend, wurde dann wiederum entschieden, die Ferien jetzt doch am Mittwoch beginnen zu lassen. Die Lehrpersonen hatten also zwei Tage Zeit, das SalzH (schulisch angeleiteten Lernen )zu organisieren. 
Alles, was an „Schönem“ geplant war, gemeinsames Frühstück, Film schauen, Wichteln, Basteln, sollte natürlich erst Donnerstag und Freitag stattfinden, das fiel dann komplett aus. Das ist auch den Schüler:innen gegenüber respektlos und traurig. Die Kinder meistern das alles den ganzen Herbst so tapfer und starten dann in so einer Hektik in eine echt lange Pause. 
An meiner Schule gibt es zwei Kopiergeräte. Nun mussten innerhalb von zwei Schultagen Arbeitsaufträge und -blätter kopiert werden, die den Kindern mitgegeben werden sollten. Du kannst Dir ja vorstellen, was da los war. Eine Schlange wie vorm Berghain – nur ohne Gästeliste. 
Nach den Weihnachtsferien wurde die Debatte um Wiederöffnung dann noch chaotischer, da gab es in Berlin dann ja auch jede Menge Gegenwehr.
Die Pandemie zeigt einfach in allen Facetten die Schwächen des Bildungssystems. Da muss einfach mal Geld reingesteckt werden, richtig viel Geld. Es braucht mehr Lehrer:innen, kleinere Lerngruppen, Auslastungsstunden für die Lehrpersonen. Die müssen mittlerweile so viel Papierkram erledigen, haben oftmals den ganzen Tag keine Pause, weil: irgendwas ist immer. Das sind alles strukturelle Probleme und sicher von Bundesland zu Bundesland auch unterschiedlich. Vielleicht/hoffentlich ist es woanders etwas besser als in Berlin.

Würdest du jüngeren Menschen denn aktuell dazu raten, den Beruf der Lehrer:in anzupeilen?
Ich würde zumindest niemandem davon abraten. Bei allen Ärgernissen zählt dann eben doch die Zusammenarbeit mit den Kindern. Und, ohne zu pathetisch werden zu wollen: man kann in dem Beruf ganz kleinteilig etwas zum Guten verändern.

(Photo: Helene Bohr)

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