Clubs in Zeiten von Corona / Covid-19

Club der Ewigkeiten – Robert Johnson, Offenbach

Robert Johnson by Marina Hoppmann

Nicht alle Menschen mögen Tänzer_innen sein, aber das soziale Bedürfnis mit anderen zusammen zu kommen, das teilen wir doch fast alle. Clubs kam dabei schon immer eine zentrale Rolle zu, gerade da sie nicht nur den einen Möglichkeitsraum offerieren, sondern derer multiple. Sie sind zugleich Ort für scheinbar sinnlosen Smalltalk als auch  intellektuelle Debatten, bieten dunkle Ecken für viele Gefühle und  überfrequentierte Toiletten für andere Bedürfnisse  – und nicht zuletzt die Tanzfläche als jenen magischen Ort, an dem alle und alles zusammen kommt, um ein ganz besonderes Bündniss auf Zeit einzugehen. Oder um es anders auszudrücken, es gibt so gut wie nichts, was man nicht im Club machen kann. Und natürlich gilt noch immer die alte Regel: Was im Club passiert, das bleibt im Club. 

In Zeiten von Corona/Covid-19 operieren die Clubs in einem Klima unendlicher Unsicherheit. Mit “Club der Ewigkeiten” (betitelt nach dem Track von DJ Koze) wollen wir in den kommenden Wochen ein klein wenig von der Liebe zurückgeben, die wir in ihnen erfahren durften. Bisherige Episoden:
– Good Room, Brooklyn 
– Gewölbe, Köln

Das Robert Johnson in Offenbach gehört seit mehr als 20 Jahren zu den wichtigsten Clubs weltweit. Es ist einer der wenigen Orte, wo Künstler_innen auch Mal Abstriche bei ihren Gagenforderungen machen, da sie hier unbedingt spielen wollen. Das liegt daran, dass im Robert Johnson alles zusammen kommt: super sympathisches Team, hervorragende Lage (wer einmal im Sommer auf der Terrasse Stunde um Stunde das gehen nicht geschafft hat, der weiß wovon wir reden), tolles Soundsystem und last but not least eine wunderbare Dance Flore Community.

Wir freuen uns, dass gleich 11 Mitarbeiter_innen des Robert Johnson sich die Zeit genommen haben, um ihre Corona-Gedanken, schöne RJ-Erinnerungen  und persönliche Lieblingsmusik mit uns zu teilen.

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Pascal Mungioli by Johanna Bieber

Pascal Mungioli
Programm

Pascal Mungioli arbeitet in verschiedenen Feldern elektronischer Clubkultur. Vor und nach seinem Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin (2016-2019) hat er verschiedene größere Veranstaltungs- und Kommunikationskonzepte betreut, war von 2012 bis 2016 Betriebsleiter des Zoom Clubs und gründete noch während des Studiums seine Booking- und Management-Agentur Stay Service. Seit 2018 ist er zudem im Robert Johnson für die Kommunikation zuständig, seit Januar 2020 für das Programm.

Seit wann gibt es das Robert Johnson?
Das Opening war 1999.

Wisst ihr noch, wer die erste Nacht bespielt hat?
Habe gerade mal Ata gefragt, hehe. Dixon und er all night long!

Gibt es sowas wie eine Clubphilosophie in drei Sätzen?
Generell dreht sich alles um Kollaborationen. Das ist der Spirit. Wir arbeiten immer an Projekten mit Künstler_innen aus verschiedenen Disziplinen.

Ich weiß, keine leichte Frage, aber gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die euch besonders in Erinnerung geblieben ist?
Leider war ich selbst nicht dort, aber eine Nacht die bestimmt vielen im Kopf geblieben ist, wird das Closing Set auf der Terrasse von Andrew Weatherall gewesen sein. Irgendwann brannte eine der Bassboxen und musste schnell entsorgt werden. Verletzt hat sich niemand.

Könnt ihr euch erinnern, wann ihr das erste Mal von Corona gehört habt?
Da ich auch auf der Agenturseite arbeite, bin ich schon früh mit dem Thema in Berührung gekommen. Die ersten Termine der Asien Tour für O-Wells wurden abgesagt.

Ab welchen Zeitpunkt war euch bewusst, dass es sich auf Eure Arbeit im Club auswirken wird?
Ich denke das war genau auch dieser Zeitpunkt. Mir war klar, dass es sich auch auf die Clubs in Europa auswirken wird.

Wie empfindet ihr bislang die Hilfe, die Euch von Seiten der Behörden zukommt?
Die Stadt Offenbach am Main hat 75.000€ für Kultureinrichtungen bereitgestellt. Das muss allerdings unter vielen Betrieben aufgeteilt werden.
Wir arbeiten aktuell an einer großen Kampagne, die den Club retten soll.

Gibt es viel Kommunikation mit den Besucher_innen des Robert Johnson? Bekommt ihr viele Nachrichten?
Hier und da kommen Emails von Besucher_innen, die ihre Hilfe anbieten und spenden wollen. Der Support bedeutet uns viel!

Im Gegensatz zu vielen anderen setzt ihr aktuell nicht auf Streamings…
Wir hatten uns bewusst gegen ein Streaming-Format entschieden. Unsere Podcastreihe kommt sehr gut an! Es macht Spaß, die gesamte musikalische Bandbreite um das Robert Johnson herum abzubilden.

Es ist natürlich sehr früh für Ableitungen, aber rechnet ihr denn damit, dass sich das Clubleben nach dem Überwinden wesentlich vor jenem davor unterscheiden wird? Wenn ja, inwieweit?
Ich wünsche mir, dass Agenturen, Künstler_innen, Festivals, Clubs und Journalist_innen nachhaltiger miteinander arbeiten.

Lieblingstrack: Speculative Ero “Speculative Ero Vol. 1”

 

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Isabelle Weber

Isabelle Weber
Bar
Lieblingstrack: Gaznevada “Special Agent Man (Female Version)”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Eine der besondersten Nächte war für mich das achtstündige All-night-long-Set von Young Marco im Februar 2018, das ich von der ersten bis zur letzten Minute miterlebte. Sein breites Musikspektrum und sein Können, kombiniert mit dem speziellen Publikum dieser Veranstaltung und dem klassischen Robert-Ambiente, verpassten der Nacht eine Magie, die ich niemals vergessen werde.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Natur, alte und neue „Hobbies“, Familie. Abgesehen davon, bin ich jetzt nach Semesterstart sehr mit meinem Studium beschäftigt. Die gezwungene Entschleunigung hat zwar viele positive Effekte, aber ich kann, so wie viele andere auch, kaum abwarten, bis wir alle wieder ZUSAMMEN die Nächte (und das Robert) unsicher machen können!

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Tim Lotz

Tim Lotz
Host
Lieblingstrack: Video art conceived, directed & produced by Ed Newstead. Music by Jonathan Price & Software. Dance by Candy Veal & Alison Duthie

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Es gab zu viele besondere Abende, als dass ich sie in genau trennen könnte. Ist man als Mitarbeiter selbst nicht mehr so ganz Teil der ‘Party’, kann man andere Aspekte beobachten:
Wie eignen sich Gäste den Raum an?
Welche Beziehungen/Rollen werden eingenommen?
Welche (impliziten) Verhaltensregeln ergeben sich?
Ich bin kein Freund von großen Ereignissen, da kommt mir die Intimität des RJ entgegen.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Viel Lesen. Ich hänge da schon länger bei Deleuze (sowie bis zu letzt ja beispielsweise auch Gabi Delgado, oder Achim Szepanski, oder Bernd Herzogenrath).

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Killa Schuetze by Silke Briel

Killa Schuetze
Bouncer
Lieblingstrack: Lorenzo Senni “The shape of trance to come”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Nicht wirklich. Die Nächte verschmelzen über die Jahre und verbinden sich zu einer großen Memory-Cloud aus einzelnen Anekdoten, Gefühlen und Erlebnissen. Gesichter tauchen auf und verschwinden wieder, genauso wie Momente mit Personen oder Musik.. irgendwie wie jede Nacht im Club.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Wie jede andere Phase auch, abwarten was für Veränderungen sie fordert und was bleibt.

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Patrick Raddatz by Jessica Schäfer

Patrick Raddatz
Editor + Robert Johnson Theorie
Lieblingstrack: Chez-N-Trent “The Choice (New Dub Mix)”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Die Pressure Traxx Labelnächte, weil sich hier ein Freundeskreis schließt.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Gemeinsam mit meiner Frau beschäftige ich unsere Kinder durch Heimschule und haustaugliche Aktivitäten, während ich im home office die Aufgaben für den Club, das Label und für meine Lehrtätigkeit an der HfG Offenbach erledige – und hoffe, bei allen Tagesgeschäften meine Dissertation nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn ich abends noch Energie über habe, mache ich Musik.

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NONOT Studio

NONOT Studio (Fabian Borlein & Eklil Qani)
Design
Lieblingstracks: Kim Gordon “Air BnB” / Cat Stevens “The Wind”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Musikalisch dieses Jahr das Liveset von Beatrice Dillon (+ Charlotte Simon + Kassem Mosse). Ansonsten waren es zu viele, um die eine besondere in Erinnerung behalten zu haben. Die besten Nächte waren wahrscheinlich ohnehin die, an die man sich nicht mehr erinnern kann. Nicht zuletzt war es eine bewusste Entscheidung, die finsteren Träume zurückzulassen, um die Nächte gemeinsam zu bestreiten.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Wir verbringen gerade viel Zeit damit alles zu hinterfragen und von Grund auf neu zu denken:
Was machen wir jetzt, wo auf einmal die Dystopie Realität ist?
Wie gibt man seiner Stimme jetzt Raum, wo öffentliches Leben nur noch sehr eingeschränkt funktioniert? – sei es durch Verordnung oder Algorithmus.
Was, wenn alles was wir bisher gemacht haben nicht mehr relevant ist?
Wie kann man Kultur/Dinge produzieren, wenn die gewohnten Mechanismen nicht mehr funktionieren?
Wie kann in Zukunft kulturelles und vor allem politisches Leben aussehen?
Wie finden wir schnell Lösungen und treffen Entscheidungen?
Alles Fragen, die eigentlich auch ohne die Krise wichtig und notwendig sind. Faktencheck, also.

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Flo Reinke

Flo Reinke
Label + Host
Lieblingstracks: Vort “Silverlight”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gab es einen ganzen Haufen, immer anders und schwierig zu werten, aber an die richtig guten erinnert man sich sowieso meist nur teilweise.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Wir arbeiten gerade viel am Label selbst, da kommt dieses Jahr noch ein bisschen was. 🙂
Und ansonsten ist ja leider nicht viel zu machen, aber irgendwie auch mal ganz schön zwangshalber zur Ruhe zu kommen.

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Laura Matschey

Laura Matschey
Garderobe
Lieblingstracks: Einzelkind “La fiebre del loco”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ich hatte tatsächlich viele coole Nächte, aber irgendwie erinnere ich mich total gerne an den 12. August 2017 zurück, da war Stay, unter anderem haben Ame, Gerd Janson, Job Jobse, und Oliver Hafenbauer aufgelegt. Ich habe tagsüber gearbeitet und wurde etwa gegen ein Uhr Nachts abgelöst.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Ich habe angefangen an meiner Bachelorarbeit zu schreiben und besuche nebenbei noch einen online Sprachkurs (niederländisch). Wenn ich nichts für die Uni mache, dann gehe ich viel spazieren, am allerliebsten in den Wald. Außerdem habe ich wieder angefangen etwas kreativer zu sein.

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Holger Wüst

Holger Wüst
Licht & Video Design
Lieblingstracks: … weiß ich jetzt keinen. Zu viele und meistens kenn ich die Namen eh nicht. Zur Zeit höre ich sehr gerne The Blue Candies und Black Polygons.

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Vor Jahren mal ein Abend mit Andrew Weatherall; war total düster. Dann ein Abend mit Ricardo und Luciano, das war so ein richtiger ekstatischer Sommer-Event, alle hatten wahnsinnig Spaß. Und letztens bei Ata, da war es total nebelig draußen, man konnte keinen Meter vom Balkon aus schauen – irgendwie war da so eine ganz konzentrierte aber gute Stimmung. Außerdem haben alle meine Videos an dem Abend auf den Punkt zur Musik gepasst. Das passiert auch nicht so häufig. 🙂

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Ich schneide gerade ein Video zu einem Mix von einem bekannten DJ. Hoffentlich gefällt es dem.

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Charlotte Simon by Neven Allgeier

Charlotte Simon
Host
Lieblingstracks: Lee Gamble “Chain 9”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Als ich noch im Office in Fechenheim Nord wohnte, führten Abende ins Robert Johnson rasend durch den Industrial-Riederwald, kletternd über die parkenden Zugwaggons bei Cassella Chemie und zuletzt schwankend über die Kaiserleibrücke. Ein schöner Weg, besonders mit Anna Hjalmarsson und zu diesem einen Top-Abend mit Helena Hauff und Gunnar Haslam.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Die derzeitige Phase verbringe ich mit meiner Schäferdogge auf dem Land (bin Teil der unsolidarischen Landflucht Elite) über die Zukunft sinnierend, Livesets für 20XY gigs probend, Schlagzeug übend, mit meinem Umfeld streitend, Zigarren rauchend.

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Sarah Goebel

Sarah Goebel
Bar
Lieblingstracks: Floog “Când Am Venit”

Gibt es in der Geschichte des Clubs eine Nacht, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
“Hotel Scandalös” im Oktober 2016 mit Ricardo Villalobos und Rhadoo war eine Nacht, die sich fest in meinen Erinnerungen verankert hat. Für mich persönlich stimmte die Party einfach von vorne bis hinten. Jeder Track hat gesessen, es war durchgängig ein super Vibe auf der Tanzfläche und unter den Gästen, plus die Energie, die von den Künstlern übertragen wurde, war grandios.

Wie verbringst Du die derzeitige Coronaphase?
Meine Corona-Zeit widme ich – wie die meisten anderen auch – den Dingen, die bei mir sonst zu kurz kommen und für die ich normalerweise weniger Zeit aufbringen kann.

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