“Mein Lieblingssong”: „Ethnicolor” von Jean-Michel Jarre

Thomas Bücker (Foto: André Kleine Wilke)

Liebes „Kaput — Magazin für Insolvenz & Pop”, herzlichen Dank für die spannende Frage nach meinem Lieblingssong. Vermutlich kommen fast alle Musikliebhaber zu dem Ergebnis: Gar nicht einfach!

Ich frage mich, ob es überhaupt so etwas wie den „perfekten” Alltime-Favorit-Song gibt. Wie oft kann man sich Pop-Classics wie „Love will tear us apart” (lt. Musikexpress „Der beste Song aller Zeiten”) eigentlich anhören, bevor einem nicht doch etwas mulmig wird. Vorschlag: Das quantitative Hören klammere ich einmal aus. Ich bin also Team „Welches-Musikstück-hat/hatte-am-meisten-Wirkung-auf-Dich” — da gibt es so einige. Besonders erinnere ich mich an ein Musikstück, das mein Interesse an Musik damals maßgeblich intensivierte.

Es ist das Jahr 1984. Mit 14 Jahren präsentiert mir mein älterer Cousin Schallplatten von Jean-Michel Jarre, Tangerine Dream und The Art of Noise.
Was zum Teufel war das denn für Musik?
Elektronische Musik! Seltsam, faszinierend und irgendwie verstörend.

Besonders erinnere ich mich an „Ethnicolor” — den Opening-Track des Albums „Zoolook” von Jean-Michel Jarre. Es war spacig-symphonische Musik, die zum ersten Mal im großen Stil Sampling-Technologie einsetzte. Alltagsklänge und Stimmen in unterschiedlicher Sprache wurden elektronisch manipuliert, verfremdet und in einen futuristisch-orchestralen Kontext gestellt — wie SciFi-Filmmusik, nur ohne Film. So etwas hatte ich noch nie gehört!

Vielleicht hatte gerade dieser Track zurückblickend tatsächlich die größte Wirkung auf mich — machte eine Tür auf; war eine Initialzündung. Es folgten dann zwar noch viele weitere erleuchtende musikalische Stationen: TripHop, Drum’n’Bass, Indietronics, Clicks’n’Cuts, IDM, Ambient, Post Rock, (Post-)Dubstep, Filmscores und Video Game Soundtracks … aber meine Faszination für Elektronische Musik begann wohl mit diesem „Ethnicolor”-Track — den ich mir eigentlich heute nur noch schwer anhören kann. (Es hat wohl alles seine Zeit.)

Insbesondere elektronische Musik bedeutet für mich stetige Veränderung … ein stetiges Suchen nach neuen Sounds und interessanten musikalischen Ausdrucksformen.

Am 15.12. erscheint “Systeme”, das neue Album von Thomas Bücker (aka BERSARIN QUARTETT) auf Denovali.