Record of the Week

Die Türen “Exoterik”

Die Türen
“Exoterik”
(Staatsakt)

“Ich hab’s irgendwo hingelegt und dann vergessen ich hab’s irgendwo hingelegt und dann vergessen ich hab’s irgendwo hingelegt und dann vergessen” (“Irgendwo hingelegt”, Die Türen)

Ungefähr so ging es mir auch mit den Türen: irgendwo hingelegt und dann vergessen, was nicht zuletzt an Maurice Summens enormem Output liegt: Der Mann und Familie Summen als Nebenprojekte der Türen, das Fussical-Musical und dann noch all die vielen anderen prima Platten vom Staatsakt-Label. Bei so viel gutem Zeug habe ich an Die Türen selbst kaum noch gedacht, obwohl ich sogar die rare DVD „Krieg der Dialektik“ mein Eigen nenne.

Aber dann kam der 17.8.2018, ein später Samstagabend beim Pop-Kultur-Festival Berlin (ich bitte um Entschuldigung, wenn ich im Folgenden Hendrik Otrembas Pressetext sehr ähnlich klinge – aber genau so war’s), als Die Türen das Publikum in eine kollektive Trance versetzten, von der jeder Guru nur träumen kann: “Keine Angst, ich hab keine Angst, ich hab keine Angst”, sangen alle entrückt, während Summen, Ramin Bijan, Gunther Osburg, Andreas Spechtl und Chris Imler auf der Bühne eine crazy Space-Krautsession abfeierten, die endlos zu werden versprach und leider doch irgendwann aufhörte. Die Songs waren ganz neu, entstanden in der heißesten Woche des eh’ schon irre heißen Jahres 2018, in Ringenwalde in der Uckermark, genauer im Gasthof zur Eisenbahn – dorthin kommt man nur mit dem Regionalexpress, weshalb Die Türen diesem Gefährt den gleichnamigen Song widmeten, der Kraftwerk-artig in „Gasthof zur Eisenbahn“ mündet.

Jetzt endlich ist das Album zum Konzert erschienen: „Exoterik“ heißt es, ganze 19 Stücke sind drauf, verteilt auf drei LPs, herrlich esoterisch verpackt in rosa-goldene Dreieckskunst. Wer jetzt denkt, dass 19 Songs ganz schön viel für ein Pop-Album sind –wer hört sich das denn komplett an, heutzutage? –, dem oder der sei entgegengerufen, dass Die Türen sich solche kleinkrämerischen Gedanken ganz bestimmt nicht machen. Wirklich erstaunlich ist viel mehr, dass das trippige Uckermark-Feeling auch auf Platte(n) durchkommt, dass die „Konservierung“ nicht auf Kosten des Cosmic Jam geht, was dieser Aufenthalt ganz offensichtlich war.

Vor und hinter dem (nicht ganz zentral platzierten) zwanzigminütigen kontemplative Dreiteiler “Exoterik I – III” reihen Die Türen Hit an Hit wie „Miete, Strom, Gas“, das kein einziges zusätzliches Wort braucht, damit klar wird worum es geht; oder „Information“ oder „Welthundetag“. Die Türen grooven krautig und psychedelisch, fädeln Indiepop-Gitarren ein und technoide Sounds, Dub und Text und keinen Text, Stille und Freak out, Quatschmachen und Kritik – es herrscht verschwenderischer, durchgedrehter Raubbau an allen verfügbaren Ressourcen, der aber nicht zu allseitiger Erschöpfung führt, sondern zu wahrlich kosmisch-energetischer Aufladung. Also eher Sun Ra als der Bhagwan, zum Glück.

Die Türen unterwegs:

01.02.19 Hamburg, Molotow
02.02.19 Münster, Gleis 22
03.02.19 Hannover, Chez Heinz
04.02.19 Köln, Bumann & Sohn
05.02.19 Karlsruhe, Kohi
06.02.19 München, Kammerspiele
07.02.19 Nürnberg, Club Stereo
08.02.19 Dresden, Scheune
09.02.19 Berlin, Festsaal Kreuzberg

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