Record of the Week

Adele „25“

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„25“
(XL Recordings/Beggars)

Hat es überhaupt Sinn, eine Platte zu besprechen, die quasi aus dem Stand zum meistverkauften Album des Jahres gekürt wird – obwohl das Jahr noch ein paar Wochen läuft, aber es ist kurz vor Weihnachten, und was passt da besser als Geschenk als „25“? Genau, Adele passt immer. Denn auch wenn die 27-jährige Adele Laurie Blue Adkins MBE eine irrsinnig beeindruckende Stimme hat und zumindest auf ihrem letzten Album „21“ (den Clou/Tick mit der Altersangabe zum Zeitpunkt des Stückeschreibens kennt ihr, nicht wahr?) einige der aufwühlendsten Unglückliche-Liebe-Stücke aller Zeiten plus ein echt gutes Cover von The Cures „Lovesong“ vertreten sind, unterstelle ich doch, dass ihre Alben für viele Leute sowas sind wie ein neuer Deko-Gegenstand, den man sich eben kauft, weil den jetzt alle haben. Man man denkt sich, hey, diese mit geschmackvollen Designobjekten eingerichtete Wohnung könnte noch ein paar Sachen mit Inhalt vertragen, Dinge, die ein bisschen Atmo verbreiten – eine CD zum Beispiel! Und warum nicht die CD von Adele? Ist immerhin nicht Helene Fischer, sondern ein international erfolgreicher, oscargekrönter Topact aus dem Motherland of Popmusic! Okay, das sind meine höchst subjektiven, vorurteilsbeladenen Projektionen auf Menschen, die ich gar nicht kenne – und trotzdem subsumieren möchte unter: Leute-die-keine-Musik-mögen-aber-dennoch-ein-Album-im-Jahr-kaufen. Ihr wisst, wen ich meine.

Aber was wollte ich eigentlich? Richtig, im Selbstversuch herausfinden, ob „25“ mehr ist als ein Einrichtungsgegenstand. Die geschmetterte Ballade „Hello“ bietet in dieser Hinsicht keine Entwarnung: Kompositorisch ein Nummer-sicher-Stück, ganz auf und um Adeles Stimme herum gebaut, keine Überraschung, kein Wagnis = Hitrezept. Leider trifft diese Gleichung auf fast alle der elf Songs zu, obwohl Adele für jedes Stück einen eigenen Producer einbestellt hatte. Alle verlassen sich vollständig auf DIE STIMME und kurzschließen daraus, dass das genug ist für ein Album von Adele, die ist doch schließlich Sängerin! Adele selbst wiederum verlässt sich zu stark auf ihre Rolle als traurige, verlassene oder verlassende, klagende, ihre vergangene Jugend betrauernde Neosoul-Diva: „When We Were Young“ klingt unfreiwillig komisch und will doch so viel Drama! Ein paar Stücke reißen den bleischweren, matronigen Gesamteindruck allerdings etwas heraus: „Water Under the Bridge“ zum Beispiel oder „River Lea“ (huch – zweimal Wasser?), hier dominiert zwar auch DIE STIMME, darf aber mal raubeinig ‚rumgrölen statt –heulen. Hier kommt Leben in die Bude, was bei Adele ganz sicher öfters zu machen wäre, sieht man ja bei ihren Fernsehauftritten.

So richtig schlecht kann ich dieses Album nicht finden, dafür geht mir DIE STIMME doch zu nah. Schade nur, dass Adele im AOR (ohne Rock) feststeckt und vor ihrer Zeit Celine-Dionisiert wird – das könnte sie mal bejammern und beklagen!
Christina Mohr

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