Record of the Week

Unhappybirthday “Mondchateau”

Unhappybirthday
“Mondchateau”
(Tapete)

Bereits ihr viertes Album legt die Hamburger Formation Unhappybirthday vor. Ich muss gestehen, dass ich keines der vorangegangenen Alben gehört habe, aber das neue gefällt mir sehr gut. Der Promotext wirft den Begriff „balearic“ in die Runde und liegt damit nicht falsch. Die Musik strahlt eine süße Faulheit aus, die über gemächliche Tempi erzeugt wird. In einigen Momenten mutet das Album wie eine auf Leichtigkeit gestellte, gut durchlüftete Variante von Ambient- oder Postrockspielarten an. Dies mag seine Ursache in der fortlaufenden, gewundenen Struktur haben, die den Songs zugrunde liegt. Dabei ist das gesamte Album geprägt von einer durchschlagenden Popsensibilität, die gefiltert wird durch eine positive Verlorenheit – als ginge man in einer aufgeheizten, sich nur langsam abkühlenden Nacht durch die verlassenen Straßen einer Stadt.

Was die hier vorherrschende Formensprache angeht, stehen wehmütige Trompeten, verfremdete Vibraphonklänge und kokett käsige DX-7-Sounds im Mittelpunkt. Offenbar wird ein Ansatz nachgestellt, der eng mit einem urbanen Discothekensound der mittleren bis späten 80er Jahre assoziiert ist (tatsächlich wirkt das, was damals in Discotheken lief, bevor sie zu Clubs wurden, von heute aus betrachtet furchtbar lahmarschig, obwohl es als Tanzmusik angelegt war, schon charmant).
Sehr schön funktioniert die Art, wie der Gesang sich in die Musik integriert. Weniger darauf ausgerichtet irgendwelche Inhalte zu verbreiten, kommt der Stimme und ihren Worten vielmehr die Funktion eines Assoziationstriggers zu, der sich auf einer Ebene mit der Musik bewegt. Zu den Schlüsselbegriffen, die konnotativ konform gehen mit der Musik, gehören „Nacht“ und „Träume“.

Dass Text und Musik in eins gesetzt scheinen, zeigt sich auch, wenn es in dem tollen „Mondpalais“ (mit Gastauftritt von Andreas Dorau!) heißt: „Die Zeit bleibt stehen“. Der offensive Entschleunigungsgestus, der das Album bestimmt, lässt Sehnsucht aufkommen nach der kontemplativen Zeit des Lockdowns. Diese introspektive Aufladung wird verstärkt von der angenehmen Ausdruckslosigkeit des Gesangs, dem so eine unaufdringliche Beiläufigkeit innewohnt.

Damit einher geht die Tendenz zu einem Gefühl von Homogenität, welches wiederum im Zusammenhang gesehen werden kann mit den bereits erwähnten Parallelen zur Discothekenmusik der 80er. Analog zu dieser scheint auch das vorliegende Album den Fokus zu legen auf ein atmosphärisch dichtes, einheitliches Fließen, zu Ungunsten von ausgewiesenen Brüchen und Wendungen. Auf diese Weise rundet sich der Eindruck eines sanft rauschenden Soundtracks zum Abgang des überhitzen Sommers.

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