Kathrin Müller und Daniel Mielke: „Fernreise ist kein Urlaub“

Kathrin Müller und Daniel Mielke: “Unser erstes Bier nach drei Wochen “Trockenheit” im Iran. Toll!

Die beiden Kölner:innen Kathrin Müller und Daniel Mielke haben sich vor einigen Monaten auf den Weg nach Indien gemacht (genau seit dem 8. August). Im selbst ausgebauten Bus fahren sie aktuell den Hippie-Trail gen Osten. Auf ihrem Blog https://koelschtocurry.de dokumentieren sie die Reise en Detail, für Kaput waren sie so nett und haben ein paar weitergehende Fragen beantwortet. Alle Photos stammen selbstverständlich von den beiden; die Reihenfolge entspricht nicht der Reiseabfolge.

Kathrin, Daniel, wie kam es zur Idee für eure Reise?

Kathrin Müller: Die Idee von einer längeren Fernreise/ Auszeit schwirrte mir schon länger im Kopf rum. Fernreisen habe ich vorher schon gemacht, auch mit Daniel zusammen, das waren dann aber eher Urlaube. Mal vier Wochen Thailand, Mexiko, Myanmar, Nicaragua…. es gibt ja einen Unterschied zwischen Reisen und Urlaub machen. Als ich dann Daniel von der Idee einer längeren Reise erzählt habe, war er sofort dabei. Die Idee in einem Campervan zu reisen fanden wir beide gut und Daniel hat ziemlich schnell das passende Gefährt gefunden und ausgebaut; Daniel hat während des ersten Lockdowns mit dem Ausbau des Vans angefangen. Von der Idee bis zur Umsetzung hat es dann ungefähr zwei Jahre gedauert.

Daniel Mielke: Die Idee zur Reise ist von meiner Seite schnell erzählt. Kathrin hat von einem sabbathical erzählt, lange wegfahren halt. Mit sowas ist bei mir einfach zu landen. Ich hab sofort „ja“ gesagt. Ich bin – Achtung, das könnte bisschen nach dicke Backen klingen – erfahren im Fernreisen und habe bereits viele ausgedehnte krasse Trips in bescheuerte Gegenden. Ich mag das. Also einfaches Tor. 
Kathrin hat dann laut überlegt, wie und auf welche Weise. Als sie Bus gesagt hat, hab ich geklickt und auf Kleinanzeigen einen Suchauftrag platziert und ein bisschen glücklich ein ordentliches KFZ gefunden und ausgebaut. Ein paar kleine Probe-Touren gemacht (Baltikum, Sardinien) –und dann waren wir startklar. Ich war null sicher, ob Kathrin campen gut finden wird. Ich mag das.

Buddhas Fuß, Taxila, Nord-Pakistan

Könnt ihr kurz den gesamten Reiseplan beschreiben?

Kathrin & Daniel: Achtung, Plattitüde– der Plan ist kein Plan, also größtenteils. Wir haben zuerst überlegt, nach Südamerika zu verschiffen und die Panamericana zu fahren, aber eigentlich sollte das alles vor der Haustür losgehen. Packen und losfahren. Wenn man viel Zeit hat, dann geht’s entweder nach Kapstadt oder nach Osten – und da war doch was, genau: der Hippie-Trail. Also von Köln nach Indien fahren. Das war schnell entschieden.

Wie fest definiert ist die Route?

Kathrin & Daniel: Es geht nach Kathmandu – das ist dann auch eigentlich der einzige definierte Punkt auf der langen Linie. Und selbst das kann jederzeit kippen. Wir haben uns ein klein wenig festgelegt mit dem Blog Namen: koelschtocurry – von Köln nach Kathmandu.
Aber es gibt nichts zu “erreichen”. Wir lassen uns meistens treiben. Wir fahren durch Regionen, die politisch turbulent sind. Der ursprüngliche Hippie-Trail ging durch Afghanistan, aber das möchten wir umfahren und China lässt keine Overlandern ins Land. Daher bleibt am Ende über den Landweg nur die Route über Iran, Pakistan und Indien. Der Iran ist ein tolles Land, aber aktuell irgendwie auch nicht. Central Asien hätte die Rückfahrt werden können, aber aktuell…
Das Wetter spielt auch eine große Rolle. Wir werden Nord Pakistan, also das Hunza-, Chitral- und Swat-Valley verpassen. Auch Karakorum – da kriegt  Daniel schon Gefühle nur vom aufschreiben. Ist aber zu kalt jetzt. Andermal.

Ephesos, Türkische Ägäis

Es ist nicht eure erste so intensive, Reise, richtig? Wo seid ihr zuvor gereist und was habt ihr von diesen Reisen als (Lehr) Erfahrung mitgenommen?

Daniel (Kathrin stimmt zu): Ich glaube, man lernt nicht wirklich was. Die Frage ist eher, ob einem das was gibt. Wenn man in komischen, schwierigen Situationen am Arsch der war und am nächsten Morgen Bock auf mehr hat, ist man richtig. Wenn man sich nach Hygiene, Klarheit, Sicherheit sehnt, wenn man sich endlich mal entspannen will, ist man falsch. Fernreise ist kein Urlaub. (Sorry, noch ne Plattitüde).

Aktuell seid ihr in Islamabad, wie ist die Stimmung?

Kathrin & Daniel: Islamabad ist gut. Wir haben Glück mit guten Leuten, sowohl den Einheimischen als auch anderen Overlandern. Das ist eigentlich meistens so. Überall gute Leute, die sich freuen dich zu treffen und die sich um dich kümmern. Stimmung töfte. Was bisschen nervt: Wir müssen lange auf Indien-Visum warten. Aber die Stadt ist gut, und entspannt. Wir stehen aktuell gut mit unserem Camper, haben 30 Minuten Fußweg zum lizenzierten Liquore Store und einem kleinen Bazar mit leckerem Essen. Alles paletti.

Nun lösen etliche Eurer Reisestationen bei uns Beobachter:innen aus der Distanz eine gewisse Nervosität aus, wie sicher das alles ist. Wie fühlt sich das für Euch an? Habt ihr Informationen von Auswärtigen Amt eingeholt?

Daniel: Tja, die politische Lage im Iran… Unsere Route ist insofern fix, als man den Iran aktuell nicht umfahren kann. China ist zu, Central Asien ebenso. Afghanistan ist keine Option. Man muss also durch den Iran. Ein sehr schönes Land mit extrem freundlichen Leuten. Aber eben eine Theokratie – alte Männer, die nicht von ihrer Macht lassen werden. Das ist eine leider eine blutige Ausgangslage. Die Jugend, vor allem auch die Frauen, sind gut ausgebildet und international vernetzt. Die halten das wohl nicht mehr aus. Wir können nur hoffen.
Um das klar zu stellen: wir waren zu keinem Zeitpunkt in Gefahr. Hatten viele angenehme Kontakte. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes hat aber irgendwie eine Spannung reingebracht. Kathrin hat sich im Land nicht wohlgefühlt. Wir haben dann einen schnellen Transit gemacht und viel links liegen gelassen. Da wir vielleicht sogar über Land zurück müssen, ist es eigentlich nicht schlau, über die Situation namentlich zu veröffentlichen…
Gute Informationen gibt es von anderen Reisenden. Das Auswärtige Amt ist da eher egal. Es gibt unzählige Gruppen auf WhatsApp zu jedem erdenklichen Thema.

Cricket Spieler neben einem Stellplatz in Islamabad

Der Reiz der Reise ist ja nicht nur die Landschaft zu erleben, sondern auch der Dialog mit der Bevölkerung. Wie leicht/ schwer gelingt dieser?

Daniel+ Kathrin: Wir sind ja recht ausgesetzt in unserem Van. Da trifft man andauernd jemanden. Das ist eine natürliche Sache. Wir gehen jetzt nicht los und wollen mit der “Bevölkerung ” in Dialog. Wir sind einfach da. Der Rest passiert.

Was waren bisher die schönsten/ weniger schönen Erfahrungen?

Daniel: Ich krieg Pippi in die Augen, wenn am Horizont der Ararat auftaucht, einem der erste bunt bemalte pakistanische Truck entgegen kommt oder ein scharfes Curry auf dem Tisch landet.
Das Reisen ist nach jetzt über drei Monaten ein Lifestyle geworden. Da kann ich keine Tops und Flops ausmachen. Obwohl, dieses Mutton Spinach Karahi vorgestern, das war schon sehr top. Und die iranische Kavallerie eine halbe Stunde an sich vorbeifahren sehen, mit was weiß ich für einem scheiss Auftrag, das war schon sehr flop.

Kathrin:  Den einen schönsten Moment kann ich nicht definieren. Dazu passiert einfach zu viel schönes. Ich kann auch nicht sagen, wo es mir am besten gefallen hat, oder welches Land ich schönsten fand. Das ist ein bisschen Äpfel mit Birnen vergleichen. In Bratislava war es schön und der Braten lecker, aber Istanbul oder die iranischen Wüsten Dörfer sind auch toll.
Bei dem weniger schönen Erlebnis schließe ich mich Daniel an. Der Moment als die schwer bewaffnete iranische Religionsarmee mit ihrem Motorrad Killerkommando an uns vorbei gefahren ist, um wahrscheinlich irgendwo eine Demo blutig niederzuschlagen war schon beängstigend. Von den Protesten/ Ausschreibungen haben wir aber nichts gesehen und alle, auch das iranische Militär oder die Polizei waren immer sehr freundlich zu uns.

Wer mehr vom Trip der beiden erfahren will: https://koelschtocurry.de