„Talking to NRW“ –  Hua Xu-Yang

Hua Xu-Yang: „Jetzt machen wir keinen Urlaub mehr“

Hua Xu-Yang & Huong Bin Xu                                                                                                                        Photo: Frederike Wetzels für Talking to NRW

Die Shanghai Küche in der Kölner Innenstadt gibt es seit knapp vier Jahren. Das von dem Koch Huong Bin Xu und seiner Frau Hua Xu-Yang betriebene Restaurant bietet, der Name deutet es an: authentische Shanghai Küche wie man sie in dieser Qualität sonst in Köln nirgendwo findet.

 

Woher in China kommen Sie?
Wir stammen beide aus Shanghai, sind dort geboren und aufgewachsen.

Wie kamen Sie dazu, nach Köln zu ziehen?
Ich lebe schon sehr lange in Deutschland. Meine Freundin sagte immer, dass in Köln die authentische Shanghai Küche eine sehr gute Chance habe.

Die Freundin lebt in Köln?
Ja.

Was macht Ihre Freundin in Köln?
Sie ist aktuell krank, die Nieren sind kaputt. Sie hat vorher viel gearbeitet.

Haben Sie in Shanghai auch schon ein Restaurant betrieben?
Nein. Ich bin schon sehr lange in Deutschland, 20 Jahre. In Shanghai habe ich zur Schulzeit gelebt.

Das Restaurant gibt es aber noch nicht so lange hier in Köln, oder?
Nein, ich hatte früher andere Restaurants: in Düsseldorf, in Düren – das ist mein fünftes Restaurant.

Ihr Mann ist auch schon seit 20 Jahren in Deutschland?
Ja.

Und hat er immer mit Ihnen zusammen gearbeitet?
Ja. Er ist sein richtiger Beruf, er ist gelernter Koch.

Das heißt sie beiden verbringen sehr viel Zeit zusammen. Ist das gut?
(lacht) Ja, das ist sehr gut! Wir sind zufrieden.

Wo haben Sie sich kennen gelernt?
In Deutschland, vor 20 Jahren, in Aachen. Auch eine schöne Stadt.

Warum haben Sie so oft die Städte gewechselt?
Meine Meinung: wenn man immer in einer Stadt bleibt, ändert man nichts. In Aachen haben wir Buffett angeboten – als wir das nicht mehr wollten, da mein Mann authentisch kochen wollte, kam Köln als Idee auf. Hier in der Stadt gibt es viele Leute, die in China gearbeitet haben, die in Shanghai gearbeitet haben, und für die die Küchenkultur aus Shanghai interessant ist.

Das fällt einem beim Besuch Ihres Restaurants auch sofort auf, sie kochen nicht für Deutsche-Deutsche, sondern für Menschen, die offen sind für echtes chinesisches Essen. Haben sie bemerkt, dass die Leute sich erst an das neue, echte Geschmackserlebnis gewöhnen mussten?
Mein Restaurant wird zu 90% Deutschen besucht. Immer mehr Menschen lieben es, authentisch zu essen und nicht wie in einem normalen China-Restaurant oder am Buffett. Das hat sich verändert.

Was ist das besondere an der Shanghai Küche?
Dim Sum sind typisch für unsere Küche, das sind jede Menge kleiner traditioneller Spezialitäten. Wie kann man es sonst noch beschreiben? Schwierig. Es schmeckt süss-sauer und zugleich scharf.

Gibt es viele Besucher:innen, denen es zu scharf ist?
Ja. Wobei früher die Menschen nie scharfes Essen probiert haben, aber die Jüngeren mögen es mittlerweile sehr gerne scharf. Auch in Shanghai.

Das hat sich in den letzten 20 Jahren also entwickelt?
Oh ja.

Wie empfinden Sie die aktuelle Corona Zeit, persönlich und als Restaurantbetreiberin? Haben Sie das Gefühl, dass die Behörden angemessen mit Ihnen kommunizieren?
Es ist alles sehr kompliziert.
Wir versuchen die Leute über die Webseite oder auch Facebook und Instagram anzusprechen, aber sehr schwierig. Andere Restaurants machen viel Werbung für Essen zum Mitnehmen, viele unserer Stammkunden denken vielleicht, dass wir zu haben, da wir sie nicht erreichen.

Haben Sie Unterstützung vom Staat bekommen? Novemberhilfe? Dezemberhilfe?
Ja, der Steuerberater hat uns geholfen. Für uns ist es sehr sehr schwierig.

Haben Sie noch Familie und Freunde in Shanghai?
Familie ja, Freunde weniger.

Sind Sie denn vor Corona regelmäßig heim geflogen?
Vielleicht so alle zwei Jahre. Jetzt dürfen wir schon länger nicht.

Fehlt Ihnen das?
Ja.

Wie geht es denn der Familie in China mit Corona?
In China ist das Thema Corona schon sehr viel besser.

Wieviel Prozent weniger Umsatz haben Sie denn im Vergleich zu früher?
Es holen leider nur ganz wenig Menschen bei uns Essen ab. Wir liefern nicht aus, die Leute müssen selbst vorbei kommen. Das machen wenige. Wir leiden sehr unter Corona.


Warum liefern Sie nicht aus?
Lieferando will zu viel Prozente.
Mich haben viele Stammkunden angerufen und gefragt, warum es keine Lieferung gibt. Aber unser Essen ist ganz frisch und muss warm sein.

Es gibt bei Ihnen ja auch immer wechselnde Gerichte auf der Tafel, die auf chinesisch und deutsch angeboten werden.
Wenn das Restaurant auf hat, wechseln wir diese Gerichte alle zwei Wochen aus. Jetzt aber nicht.

Wenn ich die Kanjis auf der Tafel sehe, frage ich mich immer, wieviel Prozent der Besucher:innen chinesischer Abstammung sind?
20% würde ich sagen, Touristen hauptsächlich; in Köln gibt es zwar auch viele Chinesen, aber eher Nordchinesen, die die Shanghai Küche nicht so gerne essen – der kulturelle Unterschied zwischen Südchina, wo Shanghai liegt, und Nordchina ist doch groß.

Man vergisst leicht, wie groß China ist. Ich nehme an, das ist wie schwedisches Essen und italienisches Essen im Unterschied. 
Was ist Ihr persönliches Lieblingsgericht auf der Karte?
Ich habe alle lieb. Am liebsten esse ich Schweinefleisch und Hühnerfleisch, Rindfleisch mag ich nicht. Dim Sun esse ich sehr gerne.

Mein Lieblingsgericht ist der Schweinebauch: Z9.
Oh, das esse ich auch sehr gerne. Z5 mag ich auch extrem gerne: Schweinefleisch in hausgemachter Shanghaier Soße.

Was würden Sie sagen, wieviele Stunden arbeiten Sie pro Woche?
Wir öffnen derzeit um 15 Uhr, das heißt, dass wir ab 12 Uhr vorbereiten müssen. Bis 21 Uhr sind wir mindestens da.

Und dann kommt noch die Büokratie und der Einkauf dazu. Normale Angestellte arbeiten 40 Stunden, für mich schätze ich mal 60 Stunden pro Woche. Und Sie?
Schwierig zu sagen, vielleicht auch so.

Wo kaufen Sie die Zutaten ein?
Viel Gemüse und auch Nüsse importieren wir aus China.

Die Fische und das Fleisch kaufen sie aber hier ein?
Ja, bei Netto oder auf dem Großmarkt.

Was mich noch interessieren würde: Machen Sie Urlaub? Und wo?
Früher sind wir immer nach China gereist – nach Shanghai am Anfang, aber dann schnell in andere Regionen. Jetzt machen wir keinen Urlaub mehr.

Vielen Dank für Ihre Zeit.

Shanghai Küche, Limburger Str. 13, 50672 Köln
Telefon: 0221-25898881 – newshanghai.de@gmail.com
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„Talking to NRW“ ist ein Projekt der Kölner Photographin Frederike Wetzels und des Autors und Kaput-Co-Verlegers Thomas Venker.
Die Intention des Projektes ist es, sich jenen Menschen zu nähern, die sonst oft nur im Augenwinkel wahrgenommen werden. Statt dem peripheren Teilen der Lebenswirklichkeit verbinden einen plötzlich echte Begegnung mit diesen Menschen, man tauscht sich aus, lernt sich richtig kennen – und wird so neugierig auf die Geschichten, die sie in sich tragen.  Bislang beschränken sich die Interviews und Shootings auf Köln und Düsseldorf, angedacht sind aber weitere Exkursionen durch NRW in Städte wie Aachen, Essen, Dortmund, Münster, Paderborn, Bielefeld, Duisburg und Solingen, um aus den Leben der Menschen dort mehr zu erfahren – und diese in einem Buch zu kompilieren.
„Talking to NRW“ ist gefördert mit einem Stipendium im Rahmen der Corona Soforthilfe des Bundes, da aber leider weitere Förderanträge bei der Kunststiftung NRW und beim Kulturamt der Stadt Köln sich bislang nicht positiv ausgingen, sind wir derzeit über jegliche Unterstützung zur Fortführung des Projekts sehr dankbar:
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