Record of the Week

Robert Forster „The Candle And The Flame”

Robert Forster
„The Candle And The Flame”
(Tapete/Indigo)

Auch der ewige und ewig-junge Robert Forster ist nicht zeitlos. Seine Musik hingegen schon, ‚out of time‘ im Schönen. Während bereits 2006 Forsters ‚Glimmer Twin‘ Grant McLennan leider verstorben war und somit quasi parallel zum Tod von Nikki Sudden im selben Jahr zwei der wichtigsten Indie Bands der 1980er auseinanderfielen, die stets am ganz großen Erfolg à la R.E.M. vorbeischrammten, die aber eben genau letztere massiv beeinflussten: Die australischen Go Betweens und die britischen Jacobites, zwischen denen es persönlich-musikalische Verbindungen gab, nicht nur, dass sie eine ganz besondere Zuneigung zu Deutschland hatten (höre aktuell hier etwa die Heidelberg-Referenzen in „Tender Years“). Der Australier und Wahl-Niederbayer Forster machte gesünder weiter, schrieb Bücher („Grant & I“, 2017), Essays und neue Songs.

Auch die Indie-Doku „Right Here“ (2017) legte Zeugnis von der ambivalenten Kongenialität der Go Betweens ab, siehe auch das schillernde Gespräch „Calling from a Suburban Home“ von Maik Brüggemeyer mit Forster in Thomas Düllo/Holger Schulze/Florian Hadler (Hg.): Was erzählt Pop? Münster und Berlin: LIT 2018. Im Unterschied zu den chaotisch-glamourösen britischen Jacobites, deren andere Hälfte Dave Kusworth 2020 dann leider auch verstarb, altert Forster erfreulicherweise offenbar gesünder (höre hier jetzt „I Don’t Do Drugs, I Do Time“), mehr geradeaus mit Witz, Kreativität und aber auch Durchhaltevermögen.

Nicht zuletzt die schwere Erkrankung seiner Frau und musikalischen Partnerin Karin Bäumler ließ den stets gut gekleideten positiven Dandy familiär noch näher zusammenrücken. Sein Sohn Louis ist selbst erfolgreicher Musiker und stieg hier ebenso mit ein wie Tochter Loretta. Je nach Befinden wurde sich Zeit gelassen. Mit Victor van Vugt (Nick Cave, PJ Harvey, Walkabouts) hat ein weiterer Weggefährte produziert.

Entstanden ist ein nachdenkliches Folk-Album mit akustischen Velvet Underground-Anklängen („It’s Only Poison“). „The Candle And The Flame“ vereint tatsächlich alle innovativen Seiten Forsters und seines Umfelds, das Geschichtenerzählen, das Persönliche, das Poetische, das Historische, das Aktuelle, das Verschmitzte, die Sleaziness und aber eben auch das Pure, Melancholische. In „When I Was a Young Man“ singt Forster über David und Lou und sich selbst (“I didn’t know, people told me go man, go“) und hat doch gleichzeitig losgelassen. Absolut (Be-)rührend und zeitlos nicht nur für alternde Indie Rock-Generationen. Und dann die Bibliothekarinnen- und Buchhändlerinnen-Hommage „Karen“, die B-Seite der ersten Go Betweens-Single „Lee Remick“ von 1978, wieder rauskramen oder neu entdecken und ein bisschen im Wohnzimmer pogen. Nicht wehmütig oder solo, sondern emotional und sozial nach vorne schauend.

Mach bitte einfach weiter, Robert!

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