EM GUIDE — Kolumne Gefühle und Gedanken zu einer Welt, deren Umriss mir nicht mehr gefällt

Es hat sich ausgespielt – oder: die Trumpisierung von allen und allem

Das Frühjahr 2025, es macht es einem nicht leicht daran zu glauben, dass die Dinge in diesem Jahr und den kommenden besser laufen werden als in 2024, 2023, 2022 und ….
Im Gegenteil: die fatalen kulturpolitischen Entscheidungen in Köln und Berlin, wo aus den Haushaltsdebatten nicht nur Kürzungen für wichtige Häuser, Institutionen und Projekte hervorgingen, sondern teilweise komplette Abwicklungsaufträge (siehe die Kölner Akademie der Künste der Welt) erfolgten, lassen Schlimmes für die Bundesdeutsche Kulturpolitik nach der deprimierenden Wahl vom vergangenen Wochenende erwarten.

 

Die aktuellen Geschehnisse in den USA schüren zu Recht Ängste, dass auch bei uns noch massivere Kürzungen für soziale und kulturelle Projekte drohen und generell eine regressive Politik die wichtigen Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte ad absurdum führen wird. Verstärkt werden diese Ängste durch die Schnelligkeit, mit der viele Konzerne (wie Meta, Google, Target, Mc Donald´s) bereit sind, ihre Diversity- und Nachhaltigkeits-Programme einzustellen.

Man muss aber gar nicht so weit schauen, um sich pessimistisch zu fühlen, auch im eigenen Umfeld agieren mehr und mehr Menschen angesichts der härteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen egoistisch-egozentrisch bis zu aggressiv-karrieristisch – wahrscheinlich, weil sie es schon immer waren, es aber in entspannteren wirtschaftlichen Zeiten nicht auffiel, vielleicht aber auch, da sie sich durch die neuen Verhältnisse endlich befreit fühlen, es nicht verstecken zu müssen. Das kann man durchaus schon mal so festhalten: Trump hat vielen– in meiner Erfahrungswelt sind es signifikant immer Männer – einen Freibrief gegeben, den sie dankend annehmen.

Die Anzeichen für dieses unsoziale Kulturklima zeigten sich in diversen Arbeitskontexten bei mir schon länger. Unnötiges Macht- und Rechthabereigehabe, unangenehme Hierarchiespiele, nicht nachvollziehbare Befindlichkeitsposen unter denen generell die Struktur von Institutionen und der Arbeitsfluss von Projekten leiden. Das betrifft sowohl Kafka-eske Komplexe wie Universitäten als auch individuelle Künstlerpersönlichkeiten.

Womit ich beim konkreten Anlass für meine heutige Kolumne angekommen bin: die Causa Institut für Pop-Musik der Folkwang Universität der Künste unter der neuen Leitung von Jan St. Werner.

Um die Fallhöhe, die das für mich ganz persönlich aufgrund der eigenen biographischen Verbindung zum Mouse-on-Mars-Biotop bedeutet, zu verdeutlichen, muss ich etwas ausholen.

Es muss auf der Popkomm. 1995 gewesen sein, jener in den 90ern immer im August in Köln (damals noch eine Weltpopstadt) stattgefundenen Musikmesse, als ich Jan St. Werner das erste Mal zusammen mit seinem Mouse on Mars Partner Andi Thoma im Backstage Raum des Kölner Gloria zum Interview getroffen habe. Die beiden hatten gerade auf dem damals populären Label Too Pure ihr zweites Album „Iaora Tahiti“ veröffentlicht, das wie schon das Debut „Vulvaland“ Indie-Hörer:innen primär in England und Deutschland begeisterte; Amerika brauchte noch etwas, später landeten die beiden dort auf Thrill Jockey Records, einem bis heute Qualitätssicheren Indie-Label.

Ich erinnere mich sehr gut an dieses Zusammentreffen (von dem es auch einen Videomitschnitt in einer Ausgabe meines damaligen Multimedia-Fanzines Harakiri gibt), weil man sich einfach an jedes Treffen mit den beiden „Mäusen“ (wie sie natürlich oft verniedlicht tituliert wurden) sehr gut erinnert, es waren und sind nonstop Kalauer-Spektakel von zwei sich sehr humorvoll präsentierenden Menschen, quasi alles wird bei ihnen ad absurdum geführt, nichts ernstgenommen. Es sollte mich damals und auch ansonsten nicht stören, in einer Welt, in der sich die lauten Macho-Künstler (bewusst nicht gegendert) viel zu oft zu ernst nehmen, gefiel mir, dass hier anders tickende Musiker saßen.

Zumal wir alle uns – das ist der zweite Grund, warum ich hier so weit aushole – als einer gemeinsamen (Sub)kultur zugehörig fühlten (zumindest so meine Lesart der Begegnungen und der generellen soziokulturellen Zusammenhängen jener Tage). Es ging in Gesprächen wie diesem im Jahr 1995 nicht (nur) um die Bewerbung eines Albums, sondern um einen Dialog mit Gleichgesinnten über das sozial-künstlerische Biotop und die Community, in der wir uns zu leben entschieden hatten.

Im Fall von Mouse on Mars spielen hier bis heute ihr eigener Imprint Sonig sowie a-musik, das Epizentrum der experimentell-elektronischen Musikszene in Köln (das bis heute als Sonig Vertrieb agiert und dessen erste Homebase Brüsseler Platz 10A nicht nur ein Plattenladen war, sondern auch die Musiker-WG von Marcus Schmickler, Jan Werner und des a-musik-Betreibers Georg Odijk beherbergte und das gleichnamige Projekte initiierte) eine zentrale Rolle.

Von all diesen persönlichen Überschneidungen und den wahnsinnig tollen Veröffentlichungen, die dabei heraus kamen, erzählte ich im Sommer 2002 David Bowie bei einem Interview in einem Hotel in der New Yorker Lower East Side. Am Ende bat er mich, ihm eine Liste an Büchern und Platten zu machen, die er sich unbedingt besorgen müsse. Einige der empfohlenen Titel stammten von Jan St. Werner. Als Bowie dann ein oder zwei Jahre später nochmals nach Deutschland kam, schlug ich deswegen auch ein gemeinsames Interview vor, was alle potentiell Beteiligten super fanden – wir wurden dann aber von Bowie einen Tag lang (wegen eines nicht enden wollenden Meetings mit seiner New Yorker Plattenfirma) im Hotel in der Warteschleife gehalten, bevor wir es dann dankend ablehnten auch noch die Nacht dort zu verbringen. Jan und ich empfanden die Form der Kommunikation als total unangemessen, Kultur sollte per se der Austausch von Menschen auf Augenhöhe und nicht die Unkultur von Hierarchien sein.

Womit wir in 2024 und bei meinem eigentlichen Kolumnen-Anliegen wären. Schon länger drängt dieser Beitrag auf Publikation in mir – siehe Einleitung. Dass er nun und aufgehangen an Jan St. Werner passiert, ist letztlich ein (aussagekräftiger) Zufall, da er eben das Fass massiv zum überlaufen gebracht hat.

Vermehrt seit der Pandemie stößt mir eine nennen wir es mal zunächst milde Unsensibilität für die Menschen um einen herum bei vielen anderen auf. Es geht immer primär um die eigenen Befindlichkeiten, Entscheidungen werden nicht darauf hin hinterfragt, ob sie vielleicht für die anderen im eigenen Umfeld drastische Folgen haben, oft geht das einher mit unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen – ja, sagen wir es deutlich: privilegierte Menschen neigen sehr oft dazu, zu übersehen, dass die anderen ganz andere Leben führen, in denen Verbindlichkeit nicht nur ein schönes add on ist, sondern oft von existenzieller Bedeutung. Das beginnt bei schlechter Email-Response-Kultur und Unpünktlichkeit beziehungsweise oft auch Abwesenheit bei ausgemachten Anlässen bis hin zu sagen wir mal schiefen Projektkonstellationen. Gerade Menschen in Führungspositionen (das Wort allein sollten einen schaudernd lassen) und/oder Menschen mit Festanstellungen, die primär mit freiberuflichen Projektzuträger:innen zu tun haben, weisen oft markante zwischenmenschliche Defizite auf, negieren, dass die anderen eben oft unter ganz anderen Bedingungen mit ihnen am Tisch sitzen.

Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant löst sich in Hierarchiespielchen auf – und das eben nicht nur da, wo man es sowieso erwartet, in der Business-Business-Welt, sondern schon lange und sehr verbreitet in kulturellen Zusammenhängen, die von sich immer denken (und auch behaupten), anders zu sein, letztlich aber nur, sagen wir es doch wie es ist: die gleiche Trump-Mentalität an den Tag legen wie die Arschlöcher gegen die wir einst angetreten sind.

Jochen Distelmeyer hat das alles im 1999 erschienenen Song „Kommst du mit in den Alltag“ treffend besungen (der Text stammt im wesentlichen von Michael Girke):

„(…) Weißt Du noch unter / Der alten Brücke / Wir hatten uns so fest geschwor’n / Anders zu sein / Als die Leute in ihren Büros / Alles schien so einfach zu sein / Doch wir haben von all dem / Noch gar nichts gewußt (…) Manchmal wenn ich meinen Kopf / Ganz zärtlich neben Deinen lege / Und wir uns ganz tief, ganz tief / In die Augen sehen / Dann weiß ich, worum es hier geht / Und dann weiß ich / Wo ich hingehöre / Und ich denke: Nieder mit den Umständen! (…)“

Im Sommer 2014 traf ich mich mit dem DJ, Produzenten, Musikjournalisten und Autor Hans Nieswandt im Kölner Hallmackenreuther, um über einen Lehrauftrag am Institut für Pop-Musik der Folkwang Universität in Bochum (dessen künstlerischer Leiter er von der Gründung bis 2019 war) zu sprechen. Hans schätze ich sehr, inhaltlich sowieso, aber explizit auch für seine offene, emotionale Art, mit der er allen Menschen begegnet. Seine Vision für das Institut und die von ihm ausgewählten Dozent:innen begeisterten mich — und so freute ich mich sehr, dass ich seit 2015 zum Kolloquium des Instituts gehörte.
Leider endete Hans Vertrag 2019 (insofern für ihn passend, da es ihn just sowieso nach Südkorea zog) danach sollte umgehend eine Professur ausgeschrieben werden, aber die Prozesse innerhalb der Folkwang Universität der Künste laufen langsam – und die Pandemie sollte sie nicht beschleunigen. Es wurde letztlich mit Bewerbungsfrist bis zum 31.8.2023 auch nur eine Junior-W1-Professur am Institut für Pop-Musik ausgeschrieben, die ab Januar 2025 dann besetzt wurde.

Ganze fünf Jahre war das Institut also „ohne CEO“, um mal bewusst einen Begriff aus der Unternehmenswelt zu wählen. Fünf Jahre ohne künstlerische Leitung, also einen Menschen (wenn schon nicht derer zehn), der hauptberuflich die ganze Woche am Institut ist, um sich um die Studierenden zu kümmern.
Ja, sagen wir es deutlich: WTF!

Irgendwann reichte es mir und ich initiierte auf Kaput eine Umfrage unter Lehrenden und Professor:innen: „Quo Vadis Pop-Lehre?“, um mein gefühltes Stimmungsbild empirisch zu verifizieren. Ich war kein Einzelfall mit meiner düsteren Wahrnehmung der Verhältnisse.

Ohne die leidenschaftliche Arbeit aller Lehrenden des Instituts (NUMINOS, Anne Ohlen, Tanja Godlewsky, Richard Ojijo, Steffen Müller, Katharina Hausladen, Philipp Janzen, Henrik von Holtum, Verena Maas) und ganz speziell meines Kollegen Gregor Schwellenbach wäre, so meine Meinung, das Schiff in dieser Zeit zumindest massiv auf Land gefahren, er aber widmete sich den Studierenden weit über seinen eigentlichen (ein Punkt, den ich nicht groß ausführen will, aber die meisten Lehrenden haben immer nur auf ein Semester beschränkte Verträge mit 2 bis 5 Stunden, die mit gerade mal 41,64€ / SWS (pro Semesterwochenstunde bei wissenschaftlichen Lehraufträgen) und monatlich 149,74 €/SWS (bei künstlerischen Lehraufträgen) honoriert werden, wobei man An- und Abreise selbst finanzieren muss an der Folkwang Universität der Künste – man muss das schon sehr wollen, um sich in einer Struktur aus tarifrechtlich bezahlen Administrations-Mitarbeiter:innen und (noch) gut bezahlten Professoren so unter Wert bezahlen zu lassen) Arbeitsauftrag hinaus.

Irgendwann kam dann endlich Bewegung in die langsamen Mühlen der Folkwang. Es wurde jedoch keine Professur ausgeschrieben, sondern wie bereits erwähnt eine sogenannte Junior-Professur.

Gregor Schwellenbach bewarb sich trotz seiner Überqualifizierung dafür und ich hätte sie ihm wirklich von ganzem Herzen gegönnt. Aber ich freute mich auch zu hören, dass Jan St. Werner sie letztlich bekommen hat, einfach da ich a) generell sehr froh war, dass überhaupt endlich wieder eine künstlerische Leitung ans Institut kommen sollte, und b) aufgrund meiner, denke ich, sehr ausführlich dargelegten Wertschätzung seines Werks.

Dann aber geschah etwas, was eben symptomatisch für viele kulturelle Strukturen da draußen ist: die neue Leitung in Persona von Jan St. Werner negierte den sozialen Aspekt einer solchen Position komplett. Zumindest wirkte das so auf alle Beteiligten in Bochum, denn es kam zu keinerlei Dialog zwischen dem Zeitpunkt Ende August, wo klar war, dass Gregor Schwellenbach nicht die erste Wahl ist und Anfang Januar, wo Jan St. Werner seinen neuen Job als Juniorprofessor am Institut für Pop-Musik der Folkwang Universität der Künste antrat, allerdings erfuhren das die Lehrenden und Studierenden nicht in einer zu erwartenden, ihn als Mensch und Künstler einführenden und positionierenden Email oder gar über persönliche Kontaktaufnahmen, wie man es ja auch machen könnte, sondern in einer Sammelmail aus der Verwaltung.

Man kann also sagen, es gab einiges zu besprechen, als ich Jan St. Werner Ende Januar in Berlin richtig traf – nach zwei kurzen Aufeinandertreffen am Institut, bei denen sich kein wirkliches Gespräch ergeben hatte.

Ich muss gestehen, zum Zeitpunkt unseres Treffens war bei mir schon relativ klar, dass ich keinerlei Ambitionen mehr hege, an diesem Institut weiter tätig zu sein. Letztlich ist das weniger Jan St. Werners Schuld als die des Kafka-esken Folkwang-Apparats, der keinerlei Gefühle für seine Mitarbeiter:innen pflegt, wie man es an einer künstlerischen Einrichtung sich ja durch aus erhoffen könnte, zumal eben ein Großteil des Personals Künstler:innen sind und aus sehr altruistischen Beweggründen ihre Lehrtätigkeiten aufnehmen und leidenschaftlich durchführen.
Aber Jan St. Werner hat seinen Teil dazu beigetragen, den Frust in mir (und vielen anderen) zu schüren. Ganz banal durch sein performtes Desinteresse, die Leitungsaufgabe ernstzunehmen als Auftrag den direkten Kontakt mit den Lehrenden und Studierenden zu suchen. Aber durch sein absolut gegenteiliges Vorgehen: Statt zunächst den Dialog intern zu suchen (defacto hat er bis heute keine direkte Email an die Lehrenden verschickt, geschweige denn seine Telefonnummer mit ihnen geteilt, wie es sich gehört, sondern jegliche Kommunikation über die Institutsverwaltung laufen lassen), gab er erstmal Interviews, in denen es vor allem um seine Vision für eine Institution ging, die er sich nicht mal vor der Bewerbung angeschaut hat. Insofern kann man sich vorstellen, wie groß sein Interesse ist, dieser Institution und den bis dato darin agierenden und auf gewisse Art und Weise auch temporär lebenden Menschen fair zu begegnen. Wie ein Bulldozer wurde hier – in besten Trump Stil (man verzeihe mir das häufige Bemühen des Vergleichs, aber so fühlt sich dieses Gehabe leider an) prügelte er seine Let´s make Folkwang great again!-Politik in die Welt hinein.
Er, der 2020 noch bereitwillig den Holger Czukay Preis für Popmusik der Stadt Köln angenommen hat, gab kokett (die eigene, durchaus bis vor kurzem primär auf dem Terrain der Popmusik stattfindende künstlerische Biographie selbstzensierend) im Interview mit WDR 5 zu Protokoll: „Meine Teilnahme an Pop-Musik war bisher von Ausweichen, Missverständnis und kompletter Ablehnung des Begriffs geprägt“. Ha, ja.
Geschenkt, den eigenen Lebenslauf neu zu interpretieren, das kann ja jedem Mal passieren, denn was interessiert mich schon meine Musik von gestern. Aber diese selbstverliebte Abkanzelei der leidenschaftlichen Arbeit seiner Vorgänger:innen und der Hoffnungen und Sehnsüchte der jungen Menschen, die sich eben diese Institution als die ihre ausgesucht haben, die zeichnet menschlich kein schönes Bild: „In dem Moment, wo ich in so nem institutionellen Kontext Verantwortung übertragen bekomme, ist deutlich, dass es dort ne Art Krisensituation gibt“, äußerte er sich ebenfalls auf WDR 5.

Was ich damit sagen will: ich verstehe und respektiere, wenn eine neue künstlerische Leitung ihr eigenes Konzept mitbringt und umsetzen möchte und das bedeutet, dass andere Künstler:innen für dieses gefragt sind. Lehraufträge sind nur temporärer Natur (auch wenn man sich oft mehr Konstanz und Wertschätzung und auch Honorierung wünschen würde), das wissen wir alle, die welche durchführen. Aber der Ton macht die Musik, um es mal passend musikalisch zu formulieren.

Bei unserem Treffen merkte Jan St. Werner an, dass es ihm am liebsten gewesen wäre, er hätte ein leeres Institut (ohne aktuelle Studierende und Lehrende) vorgefunden. Ich schätze die Ehrlichkeit dieser Aussage sehr – auch wenn ich sie wirklich als sehr sehr hart empfinde, da sie eine Logik repräsentiert, in der ich nicht leben möchte. Man kann sehr wohl mit Menschen auf Augenhöhe reden und ihnen so mit dem Respekt begegnen, den sie verdienen – und trotzdem die Entscheidungen treffen, die man treffen muss. Zumal wenn man sich in einem Milieu bewegt, wo andere Axiome gelten sollten, als sagen wir mal im Human Resources Umfeld von einem DAX Unternehmen. Nicht zuletzt auch, da es ja Studierende gibt, die sich mit Erwartungen an ein Institut eingeschrieben haben, das ihnen gewisse Versprechungen und Garantien gegeben hat.

Die Hauptkritik muss deswegen definitiv an die Folkwang Universität der Künste formuliert werden, die, so erfuhr ich bei meinem Berliner Treffen, sich bis Anfang Dezember Zeit ließ, einen Vertrag an den neuen Angestellten zu schicken. Auf diesem Hintergrund werden natürlich aus vielen Monaten des Schweigens nur einige Wochen des Schweigens. Die Art und Weise macht es natürlich aber nicht besser.

Anyway, das Kind ist nun in den Brunnen gefallen, um meine Oma mal zu zitieren, die gerne solche nur scheinbar trivialen Floskeln benutzte. Denn in diesem Fall fallen Studierenden in ein schwarzes Loch, müssen sehen wo sie mit ihren Plänen bleiben – denn diese widersprechen im konkreten Fall den Ambitionen ein Klanginstitut aufzubauen und das Pop-Institut zu dekonstruieren.

Wie gesagt, ich habe gar kein Problem damit, dass eine neue künstlerische Leitung ihre eigene künstlerische Agenda hat, aber man sollte doch erwarten, dass intensiv der Dialog gesucht wird, um ein gewisses Maß an Kontinuität zu bieten und nicht nur ein schnelles Durchreichen der letzten Studierenden.

Für mich sind Dialog und Austausch elementare Pfeiler einer Welt, in der ich leben möchte.

Die Lösung, ich weiß es nicht, aber einen Versuch wär es wert, mal alle Entscheidungspositionen mit explizit nicht weißen, nicht männlichen (ich verwende bewusst nicht „männlich gelesenen“ an dieser Stelle) Personen unter sagen wir mal 40 zu besetzen. Wir älteren haben es verbockt. Man muss es so hart sagen angesichts einer Welt, die schon lange nicht nur 50%/50% außer Taktung geraten ist, wie es viele Wahlen signalisieren, sondern eben drastisch zur anderen Seite gekippt.
Oder um es nochmals deutlich zum Ende zu sagen: Die Trump-Mentalität zeichnet leider schon lange nicht mehr „nur“ die Trumpseite aus, sie hat sich in fast alle gesellschaftlichen und leider oft auch kulturellen Zusammenhänge wie eine Giftschlange geschlichen.

Subkultur und Community waren und sind für mich nicht nur irgendwelche Begriffe, sondern repräsentieren Orte der Gemeinsamkeit und Zusammenkunft auf Augenhöhe, leider aber sind sie in vielen Fällen doch auch nur das Spielfeld von Ego-Ambitionen, individuellen Karrierebiographien.

Das hier viel zu ausführlich beschriebene Drama Folkwang-St-Werner-Pop-Institut ist nur ein – besonders gravierender – Fall von leider zu vielen in meinem beruflichen Umfeld. In schwierigen Zeiten zeigen sich die wahren Charakter, auch das sagte meine Oma. Wie recht sie hatte, Narzismus und Egozentrik begegnen einem viel zu oft dort, wo gerade jetzt ein menschlicher Dialog auf Augenhöhe nötig wäre, wenn wir die Verhältnisse wieder zum Besseren verändern wollen. Noch ist es nicht zu spät, aber mir fehlt langsam ein bisschen der Glauben, dass es uns gelingen wird, denn die Anderen, sie sind viele und sie fangen schon da an, wo wir es nie erwartet hätten.

 

Alle Fotos stammen von Thomas Venker – aufgenommen im Osorezan Bodaiji-Tempel auf dem Mount Osore. Der Tempel liegt tief in der Caldera eines aktiven Vulkans – einem Ort, der in der japanischen Mythologie als eines der Tore zur Unterwelt gilt. 

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