Record of the Week

Idles „Crawler”


Idles
„Crawler”
(Partisan/PIAS/Rough Trade)

Kaum eine Band hat in den letzten Jahren so sympathisch-prollig ranzig geschimpft und gemeckert wie die Idles. Rücksichtsvolle Rempler aus Bristol. Rockiger als die Sleaford Mods, poppiger als The Fall, straighter als die Wax Chattels, unverstörter als The Jesus Lizard und nicht so hoffnungsdüster-fatalistisch wie Gewalt. Und doch gibt es viele Ähnlichkeiten.

Zuletzt schimpfte, ja, rappte sich Joe Talbot auf dem Tricky-Projekt Lonely Guest durch etwas sanftere, bekifftere Musik. Jetzt haben die Idles bereits ein Jahr nach ihrem fulminanten letzten Album „Ultra Mono“ nachgelegt. Und wie. Puh. Inklusive 30-Sekunden-Stück „Wizz“. Da blitzt der Selbstwitz der Idles auf. Bei aller Schwere der in ihre Songs verpackten Geschichten. Sie wirken frei, gleichzeitig reflektiert und weiter im Soundspektrum als bisher. Die dort anklingenden Electro-Elemente scheinen hier in Richtung Punk und Post Punk reduziert worden zu sein. Trotzdem gibt es wieder auch einige ohrwürmige Klage-Hymnen wie das großartige finale „The End“: „Acts like a prick”, „act like a dick“ und dann aus dem Schlund des sumpfigen Crawlers: „In spite of it all, life is beautiful”. Das muss man erstmal rausgepresst bekommen. „Are you ready for the storm“ singt Talbot zuvor im bedrohlich aufziehenden Song „MTT 420 RR”, der sich offenbar um ein traumatisches Beinahe-Unfall-Erlebnis von Talbot dreht, welches später in „Car Crash“ nochmals schwer wiegend aufploppt.

Diese Frage wird zunächst nicht beantwortet, aber wild wirbelig-pumpend wird es schon direkt im Anschluss mit dem ‚shakin‘ „The Wheel“, auf dem Talbot dann wieder wunderbar leierig-agressiv schreitmosert und beinahe melodiös auf „When The Lights Go On“. Anfänge, Traumata, Schmerzen, Heilungen und Enden scheinen hier großes Thema zu sein. Und Transformationen sogar im wörtlichen Sinne auf „King Snake“, wenn Talbot Worte verzerrt, bis sie in andere übergehen. Diese Art von produktiver, immer auch selbst bezogener Beschwerde lasse ich mir sehr gerne gefallen. Können Lurche eigentlich beißen?

Verlagssitz
Kaput - Magazin für Insolvenz & Pop | Aquinostrasse 1 | Zweites Hinterhaus, 50670 Köln | Germany
Team
Herausgeber & Chefredaktion:
Thomas Venker & Linus Volkmann
Autoren, Fotografen, Kontakt
Advertising
Kaput - Magazin für Insolvenz & Pop
marketing@kaput-mag.com
Impressum – Legal Disclosure
Urheberrecht /
Inhaltliche Verantwortung / Rechtswirksamkeit
Kaput Supporter
Kaput – Magazin für Insolvenz & Pop dankt seinen Supporter_innen!